|
Tenor Tatbestand Entscheidungsgründe zurück zu den Urteilen
Ersatz von Mängelbeseitigungskosten
§§ 437 Nr. 2 und 3, 326 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB
BGH; Urteil vom 23.02.2005 - VIII ZR 100/04 -
1. Sowohl das Recht des Käufers, gemäß §§ 437 Nr. 2, 441 BGB den Kaufpreis zu
mindern, als auch der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß
§§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB setzen - wenn nicht einer der gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestände
eingreift - voraus, daß der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine
angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat.
2. Beseitigt der Käufer den Mangel selbst, ohne dem Verkäufer zuvor eine erforderliche
Frist zur Nacherfüllung gesetzt zu haben, kann er auch nicht gemäß § 326 Abs. 2
Satz 2, Abs. 4 BGB (analog) die Anrechung der vom Verkäufer ersparten Aufwendungen
für die Mangelbeseitigung auf den Kaufpreis verlangen oder den bereits gezahlten
Kaufpreis in dieser Höhe zurückfordern.Eine Werbung im Internet für eine telefonische Rechtsberatung unter einer 0190-er-Nummer ist jedenfalls dann unlauter, wenn der Ratsuchende nicht in ausreichendem Maße über die Gefahr der Gebührenüberschreitung informiert wird.
(amtlicher Leitsatz)
Aus dem Tatbestand:
Der Kläger erwarb am 16. März 2002 von dem Beklagten, einem Kraftfahrzeughändler,
einen EG-Neuwagen S. zu einem Preis von 6.700 €.
Für den Beklagten vermittelte der Autohändler M. den Abschluß des Kaufvertrags.
Bei diesem schloß der Kläger zugleich eine "Garantievereinbarung
zum Kauf über P. -Produkte" für das Fahrzeug ab.
Das Fahrzeug wurde dem Kläger im April 2002 übergeben. Im November
2002 erlitt es einen Motorschaden; die Ursache für diesen Defekt ist streitig.
Der Kläger wandte sich an den Autohändler M. ; dieser erklärte, die Garantie
greife im Hinblick auf die fehlenden Eintragungen im Serviceheft über die
Durchführung von Inspektionen nicht ein.
Der Kläger ließ den Motor bei einer S. -Vertragshändlerin austauschen.
Anschließend wandte er sich wegen der Erstattung der Reparaturkosten an die
S. Deutschland GmbH, die jedoch eine Kostenbeteiligung unter Hinweis auf
das nicht ausgefüllte Serviceheft ablehnte. Mit Schreiben vom 2. Juni 2003 unterrichtete der Kläger erstmals den Beklagten über den eingetretenen Schaden
und forderte ihn zur Erstattung der Reparaturkosten auf; dies lehnte der Beklagte
ab.
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Zahlung des Rechnungsbetrags
für den Austausch des Motors in Höhe von 2.506,90 € nebst Zinsen. Er hat die
Minderung des Kaufpreises erklärt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen.
Das Landgericht hat die Berufung des Klägers, die er zusätzlich damit begründet
hat, daß der Beklagte infolge der Selbstvornahme der Reparatur Nachbesserungskosten erspart habe, zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Aus den Entscheidungsgründen:
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in NJW 2004, 2906
veröffentlicht ist, hat zur Begründung ausgeführt:
Der Kläger könne keine Mängelgewährleistungsrechte geltend machen.
Infolge der Neuregelung des Kaufrechts durch die Schuldrechtsreform 2002 sei
die Nacherfüllung gegenüber der Geltendmachung von Minderung beziehungsweise
Schadensersatz vorrangig. Hiernach wäre es erforderlich gewesen,
den Beklagten unter Fristsetzung zur Nacherfüllung aufzufordern; dies sei nicht
geschehen. Der Kläger sei zunächst ausschließlich aus der Garantie gegen den
Autohändler M. beziehungsweise gegen die deutsche Repräsentantin des
Herstellers vorgegangen. Zur ausnahmsweisen Entbehrlichkeit der Nachbesserungsaufforderung habe der Kläger weder substantiiert vorgetragen, noch ergäben sich dafür greifbare Anhaltspunkte aus den Umständen.
Dem Kläger stehe auch kein Anspruch wegen ersparter Aufwendungen
gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB (analog) zu. Der Gesetzgeber habe zwar dem
Besteller eines Werkvertrags das Recht zur Selbstvornahme eingeräumt, eine
vergleichbare Regelung für das Kaufrecht jedoch nicht getroffen. Die Aufzählung
der Rechte des Käufers im Gewährleistungsfall ergebe sich allein aus
§ 437 BGB. Es liege auch keine durch Analogie zu § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB zu
schließende Regelungslücke vor.
II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand, so daß die Revision des
Klägers zurückzuweisen ist.
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß der Kläger keine
Rechte gemäß § 437 BGB wegen Mangelhaftigkeit der Sache geltend machen
kann. Das Landgericht hat seiner Prüfung zutreffend die Bestimmungen
des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung
des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November
2001 (BGBl. I S. 3138; im Folgenden: Schuldrechtsmodernisierungsgesetz)
zugrunde gelegt, da der Kaufvertrag am 16. März 2002 zustande gekommen ist
(vgl. Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
a) Es kann offenbleiben, ob das Berufungsgericht - wie die Revision rügt- es rechtsfehlerhaft unterlassen hat, die Voraussetzungen eines Anspruchs auf
Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 281 Abs. 1 BGB zu prüfen, obwohl
der Kläger in der Berufungsinstanz nur Minderung (§ 441 BGB) und ersparte
Nacherfüllungskosten (§ 326 Abs. 2 Satz 2 BGB analog) begehrt hat. Denn sowohl
das Recht des Käufers, den Kaufpreis gemäß §§ 437 Nr. 2, 441 BGB zu
mindern, als auch der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen
nicht wie geschuldet erbrachter Leistung gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1
und 3, 281 BGB setzen grundsätzlich voraus, daß der Käufer dem Verkäufer
erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung (§ 439 BGB) bestimmt hat.
Für den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung ist dies in § 281 Abs. 1
Satz 1 BGB ausdrücklich geregelt. Für das Minderungsrecht kommt diese Voraussetzung im Wortlaut des § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB dadurch zum Ausdruck,
daß der Käufer "statt" zurückzutreten den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber
dem Verkäufer mindern kann. Um mindern zu können, muß der Käufer daher
gemäß §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB zunächst die Voraussetzungen für den
Rücktritt herbeiführen, mithin im Regelfall eine Frist setzen (Entwurfsbegründung
zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/6040, S. 235).
Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, weil der Kläger dem Beklagten keine Frist
zur Beseitigung des Motorschadens gesetzt hat.
b) Zutreffend ist das Berufungsgericht der Auffassung, daß auf eine
Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht verzichtet werden konnte. Gemäß § 323
Abs. 2 BGB ist eine Fristsetzung unter anderem dann entbehrlich, wenn der
Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert (Nr. 1) oder wenn
besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen
den sofortigen Rücktritt rechtfertigen (Nr. 3). Entsprechendes gilt gemäß
§ 281 Abs. 2 BGB für die Geltendmachung von Schadensersatz statt der Leistung.
Das Berufungsgericht hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen rechtsfehlerfrei
verneint. Die von der Revision aufgezeigten Umstände rechtfertigen
keine andere Beurteilung (nachfolgend aa bis cc); Umstände, die eine Fristsetzung
hätten entbehrlich werden lassen, sind auch im übrigen nicht ersichtlich.
aa) Zu Unrecht rügt die Revision, das Berufungsgericht sei unter Verstoß
gegen § 286 ZPO dem Beweisantritt des Klägers zu seiner Behauptung, der
Autohändler M. habe vor dem Austausch des Motors eine Einstandspflicht
verweigert, nicht nachgekommen. Diese Tatsache war ausweislich des Tatbestandes
des Berufungsurteils unstreitig und bedurfte daher keines Beweises.
Sie ist für die Frage, ob eine Fristsetzung entbehrlich war, auch nicht erheblich,
weil die Ablehnung einer eigenen Garantieleistung durch den Autohändler M.
für den kaufvertraglichen Nacherfüllungsanspruch gegen den Beklagten ohne
Bedeutung ist. Der Autohändler M. hat erklärt, die Garantie - die der Kläger
anläßlich des Kaufvertragsabschlusses bei M. vereinbart hatte - greife im
Hinblick auf die fehlenden Eintragungen im Serviceheft nicht ein. Das Berufungsgericht hat daraus sowie aus dem Umstand, daß der Kläger sich anschließend an die S. Deutschland GmbH gewandt hat, rechtsfehlerfrei und
von der Revision nicht angegriffen den Schluß gezogen, daß der Kläger zunächst
aus der Garantie beziehungsweise gegen die deutsche Repräsentantin
des Herstellers vorgegangen ist. Die Ablehnung einer Einstandspflicht hinsichtlich
der "Garantievereinbarung zum Kauf über P. -Produkte" hatte für
den vom Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrag keine Rechtsfolgen, weil sie
sich auf ein von dem Kaufvertrag unabhängiges Rechtsverhältnis bezog, an
dem der Beklagte nicht beteiligt ist.
Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich eine Einstandspflicht
des Beklagten auch nicht daraus, daß er schriftsätzlich eingeräumt hat, er müsse
sich das Verhalten des Autohändlers M. "in letzter Konsequenz" zurechnen
lassen. Wie der Beklagte in seiner Revisionserwiderung zutreffend aufzeigt,
bezog sich diese Erklärung darauf, daß der Autohändler M. den Beklagten
als Verkäufer in die Kaufvertragsurkunde aufgenommen hat, obwohl er, M. ,
nach dem Vortrag des Beklagten von einem Dritten mit der Vermittlung des
Verkaufs beauftragt worden war. Daraus folgt jedoch nicht, daß sich der Beklagte
auch Erklärungen zurechnen lassen muß, die M. später im Zusammenhang
mit der Ablehnung von Ansprüchen aus dem Garantievertrag abgegeben
hat.
bb) Eine Nachfristsetzung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil dem
Kläger, wie er vorgetragen hat, bei der Übergabe des Fahrzeugs kein ordnungsgemäß
ausgefülltes Serviceheft ausgehändigt wurde. Dieser Umstand ist
entgegen der Annahme der Revision für die Frage, ob der Kläger den Beklagten
zur Nacherfüllung hätte auffordern müssen, ohne Bedeutung.
cc) Nicht zu folgen ist der Revision in ihrer Annahme, es sei davon auszugehen,
daß ein Nachbesserungsverlangen des Klägers ohne Erfolg geblieben
wäre, weil der Beklagte sich noch in seiner Klageerwiderung darauf berufen
habe, nicht Partei des Kaufvertrags geworden zu sein. Das Verteidigungsverhalten
des Beklagten im Rechtsstreit erlaubt keinen Rückschluß darauf, daß er
ein Nacherfüllungsverlangen des Klägers abgelehnt hätte. Denn der Beklagte
hat nach Vorlage einer lesbaren Kopie des Kaufvertrags seine Verkäufereigenschaft
nicht mehr ernsthaft bestritten. Daß dies im Zusammenhang mit einem
Nacherfüllungsverlangen des Klägers - das dem Beklagten Gelegenheit zu einer
Untersuchung des Fahrzeugs und zur Prüfung der Vertragssituation gegeben
hätte - anders gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch einen Anspruch des Klägers
auf Zahlung ersparter Nacherfüllungskosten des Beklagten gemäß § 326 Abs. 2
Satz 2 BGB (analog) in Verbindung mit §§ 326 Abs. 4, 346 ff. BGB verneint.
a) Nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung muß sich der Verkäufer
die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen (§ 439
Abs. 2 BGB), die er durch die Selbstvornahme der Mängelbeseitigung seitens
des Käufers erspart, auf seinen Kaufpreisanspruch anrechnen lassen. Insoweit
wird entweder die unmittelbare Anwendung des § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB befürwortet
(Lorenz, ZGS 2003, 398; vgl. auch bereits ders., NJW 2003, 1417;
Ebert, NJW 2004, 1761, 1763; Katzenstein, ZGS 2004, 349), oder diese Norm
wird für entsprechend anwendbar gehalten (Bamberger/Roth/Faust, BGB, § 437
Rdnr. 33; Jauernig/Stadler, BGB, 11. Aufl., § 326 Rdnr. 29; Oetker/Maultzsch,
Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl., S. 102; Palandt/Putzo, BGB, 64. Aufl.,
§ 437 Rdnr. 4a; vgl. auch Palandt/Heinrichs, aaO, § 326 Rdnr. 13). Zur Begründung
wird angeführt, die vom Verkäufer geschuldete Nacherfüllung werde infolge
der Selbstvornahme der Mängelbeseitigung durch den Käufer unmöglich
(§ 275 Abs. 1 BGB). Der Verkäufer behalte gemäß § 326 Abs. 1 Satz 2 BGB
seinen Kaufpreisanspruch. Gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB - der anzuwenden
sei, weil der Käufer als Gläubiger für die Unmöglichkeit der Nacherfüllung verantwortlich sei, § 326 Abs. 2 Satz 1 BGB - müsse sich der Verkäufer allerdings
dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspare;
sei der Kaufpreis bereits gezahlt, ergebe sich ein Erstattungsanspruch
des Käufers aus § 326 Abs. 4 BGB in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB (eingehend
Lorenz, NJW 2003, 1418 f.).
b) Entgegen der Revision ist dieser Auffassung nicht zu folgen (LG
Aachen, DAR 2004, 452, 453; AG Kempen, ZGS 2003, 397; Dauner-
Lieb/Dötsch, ZGS 2003, 250; Dötsch, MDR 2004, 975, 977 f. m.w.Nachw.; Ball,
NZV 2004, 217, 227; MünchKommBGB/Westermann, 4. Aufl., § 437 Rdnr. 9 in
Verbindung mit § 439 Rdnr. 10; Schroeter, JR 2004, 441; Dauner-Lieb/Arnold,
ZGS 2005, 10).
Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Selbstvornahme der Mängelbeseitigung
durch den Käufer zur Unmöglichkeit der Nacherfüllung führt, was Voraussetzung
der - auch analogen - Anwendbarkeit des § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB
ist (dagegen Erman/Grunewald, BGB, 11. Aufl., § 437 Rdnr. 3; Oechsler, NJW
2004, 1825, 1826; Schroeter, aaO, 442 f.).
Beseitigt der Käufer einen Mangel der gekauften Sache, ohne daß er
dem Verkäufer zuvor eine erforderliche Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat,
kann er Kosten der Mängelbeseitigung nicht gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4
BGB (analog) erstattet verlangen. §§ 437 ff. BGB enthalten insoweit abschließende
Regelungen, die auch einen Anspruch auf Herausgabe ersparter Aufwendungen
in unmittelbarer beziehungsweise analoger Anwendung des § 326
Abs. 2 Satz 2 BGB ausschließen. Anderenfalls würde dem Käufer im Ergebnis
ein Selbstvornahmerecht auf Kosten des Verkäufers zugebilligt, auf das der
Gesetzgeber bewußt verzichtet hat (aa); zudem würde der Vorrang des Nacherfüllungsanspruchs unterlaufen, der den §§ 437 ff. BGB zugrunde liegt (bb).
aa) Das Gesetz räumt dem Käufer - im Gegensatz zum Mieter (§ 536 a
Abs. 2 BGB) und zum Besteller beim Werkvertrag (§§ 634 Nr. 2, 637 BGB)-
keinen Aufwendungsersatzanspruch im Falle der Selbstbeseitigung von Mängeln
ein. Der Gesetzgeber hat bei der Neuregelung der Mängelrechte des Käufers
durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz bewußt von einem Selbstvornahmerecht
auf Kosten des Verkäufers abgesehen, wie sich insbesondere
aus dem Vergleich der in § 437 Nr. 1 bis 3 BGB aufgeführten Rechte des Käufers
mit den ebenfalls neu gefaßten und im übrigen im wesentlichen übereinstimmenden
Rechten des Bestellers beim Werkvertrag (§ 634 Nr. 1 bis 4 BGB)
ergibt (vgl. auch Entwurfsbegründung, BT-Drucks. 14/6040, S. 229). Aus diesem
Grunde besteht auch keine planwidrige Regelungslücke, die Voraussetzung
einer analogen Anwendung des § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB wäre.
Zwar trifft es zu, daß § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB bei seiner Heranziehung
für den Nacherfüllungsanspruch kein Selbstbeseitigungsrecht des Käufers,
sondern Rechtsfolgen der Unmöglichkeit dieses Anspruchs regeln würde und
daß die ersparten Kosten des Verkäufers von den im Rahmen eines Selbstvornahmerechts ersatzfähigen eigenen Aufwendungen des Käufers rechtlich zu
unterscheiden sind (Ebert, aaO, 1763; Lorenz, NJW 2003, 1417, 1419; vgl.
auch Mankowski, EWiR § 326 BGB 1/04, 325, 326). Jedoch geht es auch bei
der Anrechnung ersparter Aufwendungen des Verkäufers gemäß § 326 Abs. 2
Satz 2 BGB oder - im Falle eines schon entrichteten Kaufpreises - bei einem
entsprechenden Rückzahlungsanspruch des Käufers nach § 326 Abs. 4 BGB
um Kosten der vom Käufer vorgenommenen Mängelbeseitigung, lediglich mit
dem Unterschied, daß die Kosten nicht nach den auf seiten des Käufers entstandenen
Reparaturkosten zu berechnen sind, sondern nach dem Kostenaufwand,
den der Verkäufer erspart hat. Ließe man dem Käufer gemäß § 326
Abs. 2 Satz 2 BGB die vom Verkäufer ersparten Aufwendungen zukommen,
liefe dies im Ergebnis darauf hinaus, dem Käufer ein Recht zur Selbstbeseitigung
von Mängeln auf Kosten des Verkäufers einzuräumen, das - anders als
das Selbstvornahmerecht des Bestellers beim Werkvertrag nach § 637 BGB -
nicht einmal den erfolglosen Ablauf einer vom Käufer gesetzten Frist zur Nacherfüllung voraussetzt (Ball, aaO; vgl. auch Dauner-Lieb/Dötsch, ZGS 2003, 455,
457). Dies widerspräche der Absicht des Gesetzgebers, der, wie ausgeführt,
von der Schaffung eines Selbstbeseitigungsrechts des Käufers auf Kosten des
Verkäufers nach dem Vorbild des Miet- und Werkvertrags bewußt abgesehen
hat.
bb) Die Erstattung ersparter Mängelbeseitigungskosten gemäß § 326
Abs. 2 Satz 2 BGB stünde auch im Widerspruch zu dem Grundsatz des Vorrangs
der Nacherfüllung, der sich aus §§ 437 ff. BGB ergibt.
(1) § 437 BGB zählt die Rechte und Ansprüche auf, die dem Käufer im
Falle der Lieferung einer mit einem Rechts- oder Sachmangel behafteten Sache
zustehen. Ein grundsätzlicher Vorrang der Nacherfüllung folgt für die Gestaltungsrechte des Rücktritts und der Minderung (§ 437 Nr. 2 BGB) sowie für die
Ansprüche des Käufers auf Schadensersatz statt der Leistung und auf Ersatz
vergeblicher Aufwendungen aus dem Umstand, daß diese Rechte des Käufers
- wie oben 1 a ausgeführt - regelmäßig den erfolglosen Ablauf einer dem Ver-
käufer gesetzten Frist zur Nacherfüllung voraussetzen (vgl. nur Münch-
KommBGB/Westermann, aaO, § 437 Rdnr. 4; Palandt/Putzo, aaO, § 437
Rdnr. 4; vgl. auch die Entwurfsbegründung, BT-Drucks. 14/6040, S. 94 f.,
220 f.). Aus der Sicht des Verkäufers stellt sich der Vorrang der Nacherfüllung
als Nacherfüllungsrecht beziehungsweise "Recht zur zweiten Andienung" dar,
das insoweit seinem Schutz dient, als er durch die Nacherfüllung die Geltendmachung der vorgenannten Käuferrechte abwenden kann (vgl. nur Bamberger/
Roth/Faust, aaO, § 439 Rdnr. 2; Westermann, aaO, Rdnr. 2 m.w.Nachw.;
vgl. auch Entwurfsbegründung, aaO, S. 89, 220 f.). In der Entwurfsbegründung
wird zu dem in § 437 Nr. 2 BGB geregelten Rücktrittsrecht ausgeführt, der Verkäufer erhalte durch das Fristsetzungserfordernis eine letzte Chance, den mit
der Rückabwicklung des Vertrags verbundenen wirtschaftlichen Nachteil abzuwenden
(aaO, S. 221). Die Möglichkeit des Verkäufers, die Rückabwicklung des
Vertrags durch fristgerechte Nachbesserung oder Neulieferung abzuwenden,
sei auch für den Käufer interessengerecht, da er erhalte, was er vertraglich zu
beanspruchen habe. Vorrang vor dem Rücktritt vom Vertrag habe damit die
Nacherfüllung durch den Verkäufer, wenn auch die Wahl zwischen den beiden
Arten der Nacherfüllung dem Käufer zustehe (Entwurfsbegründung, aaO).
(2) Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß dem
- erfüllungsbereiten - Verkäufer die Möglichkeit genommen wird, sich den Kaufpreis
durch eine "zweite Andienung" endgültig zu verdienen, wenn der Käufer
die Sache selbst repariert, ohne dem Verkäufer zuvor Gelegenheit zur Nacherfüllung
gegeben zu haben. Der gesetzliche Vorrang der Nacherfüllung beziehungsweise
das "Recht zur zweiten Andienung" würden unterlaufen, wenn der
Käufer die Kosten der Mängelbeseitigung (durch den Verkäufer) gemäß § 326
Abs. 2 Satz 2 BGB ohne vorherige Fristsetzung ganz oder teilweise von diesem
verlangen könnte (LG Aachen, aaO; Dötsch, MDR 2004, 975, 977). Dies widerspräche
der Absicht des Gesetzgebers, der den Interessen des Verkäufers
- von den Fällen der Entbehrlichkeit der Fristsetzung abgesehen - durch das in
§§ 459 ff. BGB a.F. noch nicht enthaltene "Recht zur zweiten Andienung" hat
Rechnung tragen wollen (vgl. BT-Drucks., aaO, S. 89, 220 f.).
Soweit dagegen eingewendet wird, dem Verkäufer entstehe durch die
Anrechnung der ersparten Aufwendungen kein Nachteil, zumal auch zu berücksichtigen
sei, daß dem Käufer der Beweis der Voraussetzungen des § 326
Abs. 2 Satz 2 BGB - und damit auch der Höhe der vom Verkäufer ersparten
Aufwendungen - obliege (vgl. Ebert, aaO, 1764; Katzenstein, aaO, 354), rechtfertigt dies keine andere Bewertung. Das Berufungsgericht hat zu Recht darauf
abgestellt, daß die vom Käufer grundsätzlich einzuräumende Gelegenheit zur
Nacherfüllung es dem Verkäufer ermöglicht, die verkaufte Sache darauf zu
überprüfen, ob der behauptete Mangel besteht und ob er bereits im Zeitpunkt
des Gefahrübergangs vorgelegen hat, auf welcher Ursache er beruht, sowie ob
und auf welche Weise er beseitigt werden kann (vgl. § 439 Abs. 3 BGB), und
hierzu gegebenenfalls Beweise zu sichern. Diese Möglichkeit einer Untersuchung
und Beweissicherung verliert der Verkäufer, wenn er nach der vom Käufer
durchgeführten Reparatur im Rahmen der Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs
gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB vor "vollendete Tatsachen"
gestellt wird. Hierdurch würden sich seine Verteidigungsmöglichkeiten
ungerechtfertigt verschlechtern (Ball, aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom
11. Oktober 1965 - VII ZR 124/63, NJW 1966, 39 unter I 4 zum Ausschluß von
Bereicherungsansprüchen im Falle der Nichteinhaltung des Fristsetzungserfordernisses nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB(B)).
c) Der Ausschluß einer Erstattung von Mängelbeseitigungskosten, wenn
der Käufer dem Verkäufer keine erforderliche Frist zur Nacherfüllung gesetzt
hat, steht im Einklang mit der bereits vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes begründeten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Werkvertragsrecht. Danach kann ein Anspruch des Bestellers auf Ersatz von Aufwendungen zur Beseitigung von Mängeln, wenn er nach Werkvertragsrecht nicht begründet ist, auch nicht auf die Vorschriften über ungerechtfertigte Bereicherung oder über die Geschäftsführung ohne Auftrag gestützt werden, weil die Vorschriften über die Gewährleistung beim Werkvertrag eine abschließende Sonderregelung enthalten (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 11. Oktober 1965, aaO, zu § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB(B); Urteil vom 28. September 1967 - VII ZR 81/65, NJW 1968, 43, zu § 633 BGB a.F.; BGHZ 92, 123, 125; 96, 221, 223, jew. m.w.Nachw.; MünchKommBGB/Busche, 4. Aufl., § 634 Rdnr. 8; für eine analoge
Anwendung des § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB Staudinger/Peters, BGB (2003),
§ 634 Rdnr. 36 m.w.Nachw.). Damit werden dem Besteller auch Ansprüche gegen
den Unternehmer auf die von diesem ersparten Nachbesserungskosten
versagt. Der Bundesgerichtshof hat den Vorrang der werkvertraglichen Gewährleistungsvorschriften
damit begründet, daß die Zulassung von Ansprüchen aus
ungerechtfertigter Bereicherung oder Geschäftsführung ohne Auftrag zu Unklarheiten
und Schwierigkeiten führen würde, welche die Vorschriften für den
Werkvertrag gerade ausschließen sollen; da die Mängel schon beseitigt seien,
werde eine zuverlässige Nachprüfung ihres Umfangs und ihrer Schwere sowie
der Angemessenheit der behaupteten Beseitigungskosten oft nicht mehr möglich
sein (Urteil vom 28. September 1967, aaO).
Nicht anders liegt es, wie ausgeführt, bei der Erstattung vom Verkäufer
ersparter Mängelbeseitigungskosten gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB.
d) Entgegen der Auffassung der Revision (unter Hinweis auf Lorenz,
NJW 2003, 1417, 1418 f.) führt der Ausschluß einer Erstattung ersparter Aufwendungen gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht zu einer ungerechtfertigten
Besserstellung des Verkäufers gegenüber dem Fall einer vollständigen Unmöglichkeit
der Erfüllung. Der Gesetzgeber hat in den §§ 437 ff. BGB die Rechte
des Käufers bei Mängeln besonders geregelt. Daß der Käufer, der einen Mangel
selbst beseitigt, ohne dem Verkäufer zuvor Gelegenheit zur Nacherfüllung
gegeben zu haben, vom Verkäufer grundsätzlich nicht die Erstattung von Mängelbeseitigungskosten verlangen kann, ist lediglich Folge des Umstandes, daß
er die gesetzlichen Voraussetzungen der in §§ 437 ff. BGB geregelten Mängelrechte
nicht eingehalten hat. Dem Interesse des Käufers, dem Verkäufer in den
Fällen keine Frist setzen zu müssen, in denen dies keinen Erfolg verspricht
oder für den Käufer unzumutbar ist, trägt das Gesetz in den Ausnahmebestimmungen
der §§ 281 Abs. 2, 323 Abs. 2 und 440 Satz 1 BGB Rechnung. Die in
§§ 437 ff. BGB zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Entscheidung
kann nicht dadurch umgangen werden, daß dem Käufer auf dem Wege über die
Heranziehung der allgemeinen Vorschriften des § 326 Abs. 2 und 4 BGB wegen
Unmöglichkeit der Nacherfüllung zumindest ein Teil der Nachbesserungskosten
auch dann zugebilligt wird, wenn die besonderen Voraussetzungen der
kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften nicht vorliegen.
drucken www.kanzlei-flick.de
Seitenanfang zurück zu den Urteilen zurück zur Startseite
© 1998-2006 für die Datenbank "Urteile" : Guido Flick, Rechtsanwälte, Hamburg, Germany
|
|