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Tenor Tatbestand Entscheidungsgründe zurück zu den Urteilen
treuwidrige Domainregistrierung durch Agentur
MarkenG § 5 Abs. 2, § 15 Abs. 2; UWG §§ 3, 4 Nr. 10, § 8 Abs. 1; BGB §§ 12, 276 Fa a.F. (c.i.c.)
BGH; Urteil vom 16.12.2004 - I ZR 69/02 -
a) Der Bezeichnung "Literaturhaus e.V." fehlt die originäre Unterscheidungskraft
für einen auf den Gebieten der Förderung der Literatur und des Buchwesens
sowie der bildenden Kunst und der neuen Medien tätigen Verein. Für den
Schutz als Unternehmenskennzeichen nach § 5 Abs. 2 MarkenG und als
Name nach § 12 BGB ist daher Verkehrsgeltung der Bezeichnung erforderlich.
b) Wer auf eine Anfrage, einen Internet-Auftritt unter einem bestimmten Domain-Namen zu erstellen, diesen für sich registrieren läßt, kann unter dem
Gesichtspunkt einer gezielten Behinderung eines Mitbewerbers nach § 4
Nr. 10 UWG und eines Verschuldens bei Vertragsverhandlungen zur Unterlassung
der Verwendung der Domain-Namen und zur Einwilligung in die Löschung
der Registrierungen verpflichtet sein.
(amtlicher Leitsatz)
Aus dem Tatbestand:
Der Kläger, ein seit 1986 eingetragener Verein mit Sitz in H. , hat
den Namen "Literaturhaus e.V.". Er richtet in H. literarische und kulturelle
Veranstaltungen - teilweise gegen Entgelt - aus. Vergleichbare Vereinigungen
sind auch in anderen Städten entstanden. Sie treten im Einvernehmen mit dem
Kläger unter der Bezeichnung "Literaturhaus" in Verbindung mit dem jeweiligen
Städtenamen auf.
Der Kläger und weitere in anderen Städten unter "Literaturhaus" auftretende
Veranstaltungsforen befaßten sich seit Ende 1998 mit ihrem Internet-Auftritt
unter der gemeinsamen Domainadresse "www.literaturhaus.de". Der Beklagte,
der Unternehmen zu Marketingkonzepten berät, sollte die Internetseite
einrichten. Die geplante Zusammenarbeit kam nicht zustande, weil sich der
Kläger und die vier in F. , K. , B. und M. ansässigen Veranstaltungsforen im März 2000 entschlossen, das Internet-Projekt selbst zu
betreuen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte sich den Domain-Namen
"www.literaturhaus.de" registrieren lassen und den Aufbau eines eigenen Literaturforums
unter dieser Internet-Adresse begonnen. Mittlerweile verfügt der
Beklagte auch über die Domain-Namen "literaturhaus.com", "literaturhaus.org"
und "literaturhaus.net".
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, sein Recht an dem Namen "Literaturhaus
e.V." werde durch die Internet-Adressen des Beklagten verletzt.
(...)
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat geltend gemacht, die
Bezeichnung "Literaturhaus" sei als beschreibende Angabe ohne Unterscheidungskraft.
Es sei seine Idee gewesen, ein Portal unter der Internet-Adresse
"literaturhaus.de" zu entwickeln, weshalb er sich die entsprechenden Domain-Namen
habe reservieren lassen.
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Berufung
des Beklagten ist erfolglos geblieben (OLG München GRUR-RR 2002, 109).
Mit seiner Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt
der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.
Aus den Entscheidungsgründen:
I.
Das Berufungsgericht hat die Ansprüche des Beklagten nach §§ 12,
1004 BGB bejaht und hierzu ausgeführt:
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte sei auch hinsichtlich
der in den USA registrierten Internet-Adressen gegeben. Diese seien in
Deutschland abrufbar.
Dem Kläger stehe als Träger des Namens "Literaturhaus e.V." auch als
juristischer Person Namensschutz zu. Über originäre Namensfunktion verfüge
die Angabe "Literaturhaus e.V.", weil sie geeignet sei, ihren Träger unterscheidungskräftig
zu bezeichnen. Die für sich nicht unterscheidungskräftigen Wörter
"Literatur" und "Haus" seien in sprachunüblicher Weise zusammengeführt und in
dieser Zusammensetzung einprägsam. Hinzu käme, daß die Bezeichnung üblicherweise
an jedem Ort nur einmal benutzt werde. Mit Ingebrauchnahme der
Bezeichnung habe der Schutz begonnen und sei auch nicht deshalb entfallen,
weil es in einer größeren Zahl von Städten "Literaturhäuser" mit einer gleichen
Zielsetzung gebe, wie sie derjenigen des Klägers entspreche.
Durch die Registrierungen sowie die Verwendung der Internet-Adressen
mache der Beklagte von dem Namen des Klägers Gebrauch. Hierdurch würden
schutzwürdige Interessen des Klägers verletzt. Ein nicht unerheblicher Teil der
Internet-Benutzer werde die Domain-Namen des Beklagten mit dem Kläger und
den in anderen Städten etablierten gleichnamigen Veranstaltungsforen in Verbindung
bringen. Es bestehe zumindest die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung
und es werde der unrichtige Eindruck hervorgerufen, der Kläger oder ein Zusammenschluß
deutschsprachiger Literaturhäuser habe dem Beklagten den Gebrauch
gestattet. Für nicht unerhebliche Teile des Verkehrs, die die Verwendung
des Namens durch den Beklagten als Hinweis auf den Kläger auffaßten,
bestehe Verwechslungsgefahr. Entweder gingen diese Verkehrskreise von einer
Identität der Namensträger oder personellen bzw. organisatorischen Zusammenhängen
oder der Zustimmung des Namensträgers aus. Eine Verletzung der
Interessen des Klägers i.S. von § 12 BGB liege auch deshalb vor, weil dieser
gehindert werde, gleichnamige Internet-Adressen für sich registrieren zu lassen,
und ein berechtigtes Interesse des Beklagten nicht ersichtlich sei, die Domain-Namen
zu behalten. Der Beklagte sei auch verpflichtet, auf die in Deutschland
und in den USA registrierten Domain-Namen zu verzichten.
II.
Die Revision ist begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten
Ansprüche auf Unterlassung der Benutzung und Einwilligung in die Freigabe der
mit "literaturhaus" gebildeten Domain-Namen des Beklagten aus Namens- oder
Kennzeichenrecht nicht zu. Ob der Kläger die geltend gemachten Ansprüche
gegen den Beklagten aus §§ 3, 4 Nr. 10, § 8 Abs. 1 UWG oder aus culpa in contrahendo
herleiten kann, wird das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsverfahren
zu prüfen haben.
1. Im Streitfall kann dahinstehen, ob sich der vom Kläger geltend gemachte
Schutz gegen die Verwendung der Domain-Namen des Beklagten nach
§§ 5, 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG oder nach § 12 BGB richtet. Denn es sind weder
die Voraussetzungen einer Kennzeichenverletzung nach dem Markengesetz
noch einer Namensverletzung gemäß § 12 BGB gegeben.
Die Entstehung des Schutzes von Unternehmenskennzeichen nach § 5
Abs. 2 MarkenG setzt voraus, daß der Zeicheninhaber am geschäftlichen Verkehr
teilnimmt, was auch bei einem gemeinnützigen Verein in Betracht kommt
(vgl. BGH, Urt. v. 30.3.1953 - IV ZR 176/52, GRUR 1953, 446, 447; Urt. v.
23.1.1976 - I ZR 95/75, GRUR 1976, 370, 371 = WRP 1976, 235 - Lohnsteuerhilfevereine;
Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 5 Rdn. 20).
Das Berufungsgericht hat jedoch zu der Frage, ob der Kläger sich im geschäftlichen
Verkehr i.S. des § 5 MarkenG betätigt, keine Feststellungen getroffen.
2. Ein Unterlassungsanspruch nach § 5 Abs. 2, § 15 Abs. 2 und Abs. 4
MarkenG steht dem Kläger jedenfalls deshalb nicht zu, weil die Bezeichnung
"Literaturhaus e.V." von Hause aus nicht unterscheidungskräftig ist und auch
keine Verkehrsgeltung erlangt hat.
a) Der originäre Schutz eines Unternehmenskennzeichens setzt neben
seiner Benutzung voraus, daß es über namensmäßige Unterscheidungskraft
verfügt (vgl. BGH, Urt. v. 6.12.2001 - I ZR 136/99, GRUR 2002, 814, 816 =
WRP 2002, 987 - Festspielhaus I; Urt. v. 27.11.2003 - I ZR 79/01, GRUR 2004,
514, 515 = WRP 2004, 758 - Telekom). Daran fehlt es entgegen der Annahme
des Berufungsgerichts bei der Bezeichnung "Literaturhaus e.V.". Der Bezeichnung
"Literaturhaus" kommt keine Unterscheidungskraft zu. Der Kläger ist auf
den Gebieten der Förderung der Literatur und des Buchwesens sowie der bildenden
Kunst und der neuen Medien tätig und unterhält ein Literaturhaus. Die
Bezeichnung "Literaturhaus" benennt diesen Tätigkeitsbereich des Klägers
durch die Zusammenfügung der beschreibenden Wörter "Literatur" und "Haus",
ohne daß durch die bloße Zusammenfügung der Wörter der beschreibende
Charakter der Wortkombination verlorengeht (vgl. auch EuGH, Urt. v. 12.2.2004
- C-265/00, GRUR 2004, 680, 681 Tz. 39 = MarkenR 2004, 111 - BIOMILD; vgl.
ferner BGH, Urt. v. 12.6.1986 - I ZR 70/84, GRUR 1988, 319, 320 = WRP 1986,
671 - VIDEO-RENT; Beschl. v. 28.8.2003 - I ZB 6/03, GRUR 2003, 1050 f. =
WRP 2003, 1429 - Cityservice). Anders als das Berufungsgericht meint, handelt
es sich auch nicht um eine einprägsame Neubildung nicht unterscheidungskräftiger
Wörter, sondern um die Beschreibung des Tätigkeitsbereichs, wie dies üblicherweise
in der Kombination mit dem Wort "Haus" anzutreffen ist (z.B. Möbelhaus,
Musikhaus, Autohaus, Festspielhaus, Schuhhaus).
b) Ohne originäre Unterscheidungskraft kann die Bezeichnung des Klägers
Schutz als Unternehmenskennzeichen nur beanspruchen, wenn sie Verkehrsgeltung erlangt hat (vgl. BGH, Urt. v. 30.1.2003 - I ZR 136/99, BGH-Rep 2003, 1091, 1092 - Festspielhaus II; BGH GRUR 2004, 514, 515 - Telekom).
Eine Verkehrsgeltung der Bezeichnung "Literaturhaus e.V.", mit der sich
das Berufungsgericht von seinem Standpunkt aus folgerichtig nicht befaßt hat,
hat der Kläger nicht konkret vorgetragen. Soweit die Revisionserwiderung darauf
verweist, der Kläger habe geltend gemacht, in den angesprochenen literaturinteressierten
Verkehrskreisen unter dem Namen "Literaturhaus" bekannt zu
sein, reicht dieser lediglich pauschal gehaltene Vortrag für die Darlegung der
Voraussetzungen der Verkehrsgeltung des Vereinsnamens des Klägers nicht
aus. Auf die Bekanntheit von weiteren Literaturhäusern in anderen Städten kann
sich der Kläger nicht berufen.
3. Der Unterlassungsanspruch steht dem Kläger auch nicht nach § 12 i.V.
mit § 57 BGB zu. Der Schutz des Namensrechts nach dieser Vorschrift setzt
ebenfalls namensmäßige Unterscheidungskraft der Bezeichnung von Hause
aus (vgl. BGH, Urt. v. 10.4.1970 - I ZR 121/68, GRUR 1970, 481, 482 = WRP
1970, 271 - Weserklause) oder Verkehrsgeltung voraus (vgl. BGH GRUR 1953,
446, 447; BGHZ 43, 245, 253; 155, 273, 278 - maxem.de). Daran fehlt es im
Streitfall (vgl. Abschn. II 2).
4. Das Berufungsurteil kann danach nicht aufrechterhalten werden.
Das Berufungsgericht hat von seinem Standpunkt aus folgerichtig keine
Feststellungen dazu getroffen, ob die Klageanträge wegen eines Wettbewerbsverstoßes
oder unter dem Gesichtspunkt eines Verschuldens bei Vertragsverhandlungen
begründet sind. Diese Prüfung wird das Berufungsgericht nunmehr
vorzunehmen haben.
a) Der Kläger hat in der Registrierung der vier jeweils mit "Literaturhaus"
gebildeten Domain-Namen durch den Beklagten eine gezielte Behinderung i.S.
von §§ 3, 4 Nr. 10 UWG gesehen. Zwar ist es regelmäßig nicht als unlauter i.S.
von § 3 UWG anzusehen, wenn ein Anbieter sich einen beschreibenden Begriff
als Domain-Namen eintragen läßt, an dessen Verwendung als Internetadresse
auch Mitbewerber interessiert sind (vgl. BGHZ 148, 1, 5 ff. - Mitwohnzentrale.
de). Im Streitfall kann sich eine gezielte Behinderung des Klägers allerdings
aus dem Umstand ergeben, daß der Beklagte mehrere, mit dem Namen
des Klägers bis auf den Zusatz "e.V." gleichlautende Namen mit unterschiedlichen
Top-Level-Domains für sich hat registrieren lassen (vgl. BGHZ 148, 1, 12
- Mitwohnzentrale.de; Harte/Henning/Omsels, UWG, § 4 Nr. 10 Rdn. 72 und 74;
Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 UWG
Rdn. 10.95; Fezer/Götting, UWG, § 4 Nr. 10 Rdn. 101).
b) Dem Kläger können der begehrte Unterlassungsanspruch und die auf
Einwilligung in die Löschung gerichteten Beseitigungsansprüche auch wegen
eines Verschuldens des Beklagten bei Vertragsverhandlungen (vgl. Art. 229 § 5
EGBGB) zustehen. Dies ist der Fall, wenn die Planung und die Idee des Internet-
Auftritts, wie der Kläger unter Beweisantritt behauptet und der Beklagte
bestritten hat, nicht vom Beklagten, sondern vom Kläger und weiteren in anderen
Städten unter "Literaturhaus" auftretenden Veranstaltungsforen stammten
und der Beklagte nur den Auftrag zur Umsetzung des Konzepts erhielt. Mit der
Aufnahme des geschäftlichen Kontakts der Parteien zur Umsetzung des Internet-
Auftritts wäre der Beklagte in diesem Fall verpflichtet gewesen, auf die ihm
anvertrauten Interessen des Klägers Rücksicht zu nehmen (vgl. BGHZ 60, 221,
223 f.). War nicht der Beklagte mit der Idee zu einem Internetauftritt unter der
Bezeichnung "Literaturhaus" an den Kläger und die weiteren Veranstaltungsforen
herangetreten, sondern verhielt es sich umgekehrt, durfte der Beklagte die
mit "Literaturhaus" gebildeten Domain-Namen nach den Grundsätzen von Treu
und Glauben nicht für sich selbst registrieren lassen.
Ergeben die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts, daß die Idee
zu dem Internetauftritt vom Kläger und den weiteren Veranstaltungsforen
stammte und der Beklagte nur den Auftrag zur Umsetzung erhielt, kann der Kläger
im Wege des Schadensersatzes die begehrte Unterlassung und die Einwilligung
in die Löschung der für den Beklagten registrierten Domain-Namen beanspruchen
(vgl. BGH, Urt. v. 17.3.1961 - I ZR 26/60, GRUR 1961, 482, 483
- Spritzgußmaschine; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren,
8. Aufl., Kap. 33 Rdn. 12 f.; Gloy/Loschelder/Melullis, Handbuch des Wettbewerbsrechts,
3. Aufl., § 23 Rdn. 53).
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