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Tenor Tatbestand Entscheidungsgründe zurück zu den Urteilen
fiktive Lizenzgebühr für rechtswidrig registrierte Domain
§ 4, 14 MarkenG
LG Hamburg; Urteil vom 15.05.2001; - 312 O 101/01 -
1. Wer eine Internetdomain eines Konkurrenten für sich registriert und auf eigene Seiten umleitet, ist neben Unterlassung auch zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet.
2. Angesichts der Schwierigkeit der Berechnung und des Nachweises eines konkreten Schadens, der durch eine solche Umleitung entstanden ist, kann der Schadensersatz auch im Wege der Schätzung ermittelt werden.
3. Die Schätzung erfolgt nach den Umständen des Einzelfalles und führt im vorliegenden Fall zu 1.000,00 DM für jeden Monat der Umleitung.
(Leitsatz der Kanzlei Flick)
Aus dem Tatbestand:
Die Parteien sind Wettbewerber als Anbieter von Standardsoftware für die Codierung von Diagnosen und Prozeduren. Abnehmer für die Software sind im Wesentlichen Einrichtungen im Gesundheitswesen wie Krankenhäuser. Die Klägerin ist seit 1985 im Gesundheitswesen tätig. Sie vertreibt eine Software unter der Bezeichnung .... Mit dieser Software erzielte die Klägerin im Kalenderjahr 1999 einen Umsatz in Höhe von ca. 4 Mio. DM. Die Klägerin ist im Bereich dieser Codierungssoftware mit dem Produkt .... Marktführerin.
Die Klägerin ist Inhaberin der am 22.6.1995 eingetragenen deutschen Wort-/Bildmarke mit dem Wortbestandteil .... Die Marke ist eingetragen für die Diensleistung: Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung im Bereich der medizinischen und epidemologischen Dokumentation.
Die Beklagten waren Mitarbeiter der Klägerin. Sie bilden unter der Bezeichnung .... eine GbR und vertreiben die Software .... , die funktional mit der Software der Klägerin ... vergleichbar ist und als Konkurrenzprodukt im Wettbewerb mit dieser steht.
Der Beklagte zu 2) reservierte nach seinem Ausscheiden bei der Klägerin zu Beginn des Jahres 1999 die Domain im Internet www......de. Diese Domain stellte er der GbR zur Verfügung. Die GbR nutzte die Domain in der Zeit vom 12.04.1999 bis Mitte Februar 2000. Besucher der Domain wurden auf das Angebot der Beklagten geleitet und insbesondere mit dem Softwareprodukt der Beklagten bekannt gemacht.
Die Klägerin erwirkte die einstweilige Verfügung der Kammer vom 27.01.2000, mit welcher den Beklagten untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Bezeichnung ... selbst oder durch Dritte, mittelbar oder unmittelbar, zu verwenden und/oder zu bewerben inbesondere unter der Domain im Internet "www....de" Inhalte anzubieten.
Daraufhin wurde die Internet Domain von dem Beklagten zu 2) zugunsten der Klägerin freigegeben. Die Beklagten erkannten die einstweilige Verfügung der Kammer als endgültige zwischen den Parteien materiellrechtlich verbindliche Regelung an.
Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägeirn die Beklagten auf Schadenersatz in Anspruch. Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, dass die Beklagten mit der Reservierung und Benutzung der Domain das Rechtt der Klägerin an ihrer Marke verletzt hätten. Die Beklagten seien daher zum Schadensersatz verpflichtet. Der Schaden könne im vorliegenden Fall im Wege der Lizenzanalogie berechnet werden. Dabei sei die Klägerin so zu stellen, wie sie gestanden hätte, wenn sie den Beklagten im Wege des Lizenzvertrages gestattet hätte, die Internetdomain nutzen. Für den Zeitraum von April 1999 bis Februar 2000 sei eine Lizenz in Höhe von monatlich DM 4.000,00 mindestens angemessen.
(...)
Die Beklagten nehmen in Abrede, dass durch die Benutzung der Internetdomain die klägerische Marke verletzt worden sei. Maßgebend insoweit sei, dass die Klägerin nicht über die Wort-/Bildmarke, bei welcher das Bildelement als Synonym für die Buchstabenfolge ... zu verstehen sei. Der Begriff .... sei in den einschlägigen Verkehrskreisen für die Softwareprodukte der Parteien die gängige und gebräuchliche Abkürzung für "Diagnosencodierungsystem".
Ein Schadensersatzanspruch stehe der Klägerin nicht zu. Durch die Nutzung der Internetdomain www....de sei der Klägerin ein Schaden nicht entstanden. Die Beklagten hätten der Klägeirn Auskunft darüber erteilt, dass es in der fraglichen Zeit lediglich zu 322 protokollierten Zugriffen auf die Domain gekommen sei. In keinem einzigen dieser Fälle habe der Zugriff kausal dazu geführt, dass eine Umsatz mit dem Produkt der Beklagten angefallen sei. Die Berechnung des Schadens im Wege der Lizenzanalogie sei nur möglich, wenn tatsächlich mit dem lizensierten Produkt ein Umsatz erzielt worden sei. Hier sei jedoch ein relevanter Umsatz gerade nicht erzielt worden. Daher sei auch eine Schadensschätzung gem. § 287 ZPO nicht möglich.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig, jedoch lediglich in dem zugesprochenen Umfang begründet.
Die Beklagten haben durch die Anmeldung und Nutzung der Internetdomain www.....de, unter der sie auf das Angebot ihrer .... und insbesondere auch auf die von dieser angebotenen Software ... hingewiesen haben, das Markenrecht der Klägerin verletzt. Die Marke der Klägerin wird vorwiegend durch das Wortelement ... geprägt. Mit der Verwendung der Internetdomain www.....de zur Bewerbung der von den Beklagten vertriebenen Software ... haben die Beklagten das Markenrecht der Klägerin verletzt. Den Beklagten kann nicht dahin gefolgt werden, dass sie mit dem Domainnamen lediglich eine Abkürzung für die Beschaffenheitsangabe "Diagnosencodiersystem" verwendet hätten. Der Begriff ist durchaus unterscheidungskräftig.
Die Beklagten haben mit der Internetdomain nicht nur quasi einen beschreibenden Suchbegriff verwendet, sondern sich einer mit der klägerischen Marke verwechslungsfähigen Kennzeichnung bedient. Da im Rahmen der klägerischen Marke der Bestandteil .... über eine eigene kennzeichnungskräftige Prägung verfügt, bestehen an der grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtenden Markenverletzung keine Zweifel. Demgemäß haben die Beklagten auch das Verbot aus der einstweiligen Verfügung der Kammer vom 27.01.2000 sehr schnell als endgültige Regelung akzeptiert.
Die Kammer kann jedoch nicht feststellen, dass der Klägerin ein Schaden in der geltend gemachten Höhe entstanden ist. Ein realer, sich in Umsatznachteilen der Klägerin niederschlagender Schaden kann von der Klägerin nicht dargelegt werden. Ebensowenig ist die Klägerin in der Lage vorzutragen, dass und in welcher Höhe den Beklagten durch die markenverletzende Handlung ein Zuwachs in Form des Verletzergewinns zugefallen sein könnte. Die Klägerin kann insbesondere nicht widerlegen, dass die von den Beklagten erzielten Umsätze in keinem Fall auf die durch die einstweilige Verfügung verbotene Nutzung der Internetdomain zurückzuführen werden könnten.
Auf der anderen Seite liegt es nahe, dass es bei einer derartigen Markenverletzung zu einem Schaden jedenfalls in einer gewissen Größenordnung gekommen sein wird. Naturgemäß ergeben sich für den Markeninhaber erhebliche Darlegungs- und Beweisschwierigkeiten. Die Schadensberechnung kann nicht nur konkret nach dem der Klägerin entgangenen Gewinn, sondern auch nach einer der objektiven Schadensberechnungsarten erfolgen, insbesondere auch im Wege der Lizenzanalogie ist es allerdings typisch, dass sie sich an den Umsätzen orientieren, die unter rechtsverletzender Verwendung der geschützten Kennzeichnung von dem Verletzer erzielt worden sind. Demgegenüber orientiert sich die Schadensberechnung der Klägerin an der Vergütung, die für die Einräumung der Möglichkeit der Nutzung einer entsprechenden Internetdomain überlicherweise gefordert worden wäre. Diesem Verlangen steht nicht schon prinzipiell entgegen, dass im Zweifel die Klägerin nicht bereit gewesen wäre, ihrer Konkurrentin zu gestatten, dass diese sich einer mit der Marke der Klägerin verwechselbaren Internetdomain bediene. Auch sonst steht einer Berechnung des Schadens nach der Lizenzanalogie nicht im Wege, dass der Verletzte überhaupt zur Einräumung einer Lizenz nicht bereit gewesen wäre.
Die Kammer hält es in Anbetracht der besonderen Schwierigkeiten, die sich in einem derartigen Fall bei der Bezifferung des Schadensersatzanspruches ergeben, für möglich einen Schadensersatz im Wege der Schätzung zu ermitteln, wobei jedoch der Bemessung durch die Klägerin nicht gefolgt werden kann. Dabei ist es maßgebend, dass die Beklagten es zwar mit der Benutzung der Internetdomain offenbar darauf angelegt haben, Interessenten, die die konkurrierende Software ... der Klägerin kannten, auf das eigene Angebot hinzuweisen. Der hierdurch für die Klägerin entstandene Schaden dürfte allerdings nicht zuletzt deswegen begrenzt sein, weil eine derartige Internetdomain für die Investitionsentscheidungen der von den Parteien angesprochenen Kunden noch eher von untergeordneter Bedeutung gewesen sein dürfte. Die Kammer geht daher davon aus, dass es für die unberechtigte Nutzung der Internetdomain lediglich ein - allerdings als Mindesschaden auch anzunehmender - Betrag von monatlich DM 1.000,00 anzusetzen ist.
Demgemäß waren die Beklagten zur Zahlung von DM 10.000,00 zu verurteilen. Die weitergehende Klage war abzuweisen.
(...)
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