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Tenor Tatbestand Entscheidungsgründe zurück zu den Urteilen
Fundstelle CR 1998, 556
freundin.de
MarkenG §§ 14 Abs. 2, 15 Abs. 3
OLG München; Urteil vom 02.04.1998; Az.: - 6 U 4798/97 - ;
(rechtskräftig)
Die Umleitung von einer Internetseite, deren Domain-Name einem kraft intensiver Benutzung bekanntem Markenname gleicht, auf eine eigene Seite und hierdurch die Marktchancen der eigenen Homepage verbessert werden, stellt eine unerlaubte Rufausbeutung dar.
(Leitsatz der Kanzlei Flick)
Aus dem Tatbestand:
(...)
Seit dem 01.01.1995 erscheint die Frauenzeitschrift "freundin" mit einer derzeitigen durchschnittlichen verkauften Auflage von 630.452 Exemplaren im Verlag der Klägerin zu 2). Die Klägerin zu 2) hat am 08.04.1995 die Wortmarke "FREUNDIN" angemeldet für folgende Waren: Mit Informationen versehene maschinell lesbare Datenträger aller Art und Software, (...) Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation und einer Informationsbank, Vermittlung von Informationen an Dritte, Verbreitung von Informationen über drahtlose oder leistungsgebundene Netze, Produktion und Verbreitung von Hörfunk und Fernsehsendungen; Online-Dienste und Online-Sendungen; Up-dating bzw. Aktualisierungs-Service für Sendungen. Die Eintragung im Markenregister erfolgte am 26.07.1996.
Ende 1995 beantragte die Klägerin zu 2) bei dem Network-Informationen-Center (DE-NIC) der Universität Karlsruhe ihr den Internet-Namen "www.freundin.de" zuzuteilen, was im Hinblick auf die bereits erfolgte Zuteilung des Namens "freundin.de" an die Beklagte abgelehnt wurde. Die Reservierung durch die Beklagte erfolgte am 10.10.1995, die Zuteilung an sie am 11.12.1995.
Über diese Internetadresse werden von der Beklagten bisher keine Informationen oder Dienstleistungsangebote verbreitet. Bei Anwahl der Adresse erscheint die Homepage der Beklagten. Darin heißt es unter "Die Partnervermittlung im WWW": "Dies ist die Seite für alle, die auf unkomplizierte Weise einen Partner suchen. Wir arbeiten im Moment sehr angestrengt an unserer Partnerdatenbank, bitte schauen Sie in wenigen Tagen doch noch einmal rein!"
Außerdem richtete die Beklagte in gleicher Weise Homepages unter Freund.de, Eheleute.de, Beziehung.de, Lovers.de, Fisch-sucht-Fahrrad.de ein.
(...)
In der Zeitschrift "freundin" werden unter anderem unter der Überschrift "von Freundin zu Freundin" Kontakte zwischen Frauen vermittelt. Diese als "Freundin-Club" bezeichnete Vermittlung ist unter der Adresse "http://www.freundin.com" im Internet erreichbar, worauf in der Zeitschrift hingewiesen wird.
Die Klägerinnen haben geltend gemacht, in der Benutzung des Domain-Namens "freundin.de" durch die Beklagte im geschäftlichen Verkehr liege eine Verletzung ihrer Rechte am Titel und an den Marken "freundin".
(...)
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg.
Die Klägerinnen können von der Beklagten die begehrte Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung "freundin" für eine .de-Domain in einer Homepage im Internet, sowie im übrigen für Partnervermittlung, verlangen.
Grundlage hierfür ist für die Klägerin zu 2) deren Titelrecht "freundin" sowie ihr Markenrecht "FREUNDIN", für die Klägerin zu 1) deren Markenrecht "freundin".
1. Die Klägerin zu 2) verwendet für ihre Zeitschrift seit 01.01.1995 und damit jedenfalls prioritätsälter den Titel "freundin". Sie hat hieraus ein entsprechendes Kennzeichnungsrecht gem. §5 Abs. 3 MarkenG erworben. Der Titel besitzt für eine Zeitschrift eine ausreichende Unterscheidungskraft. (...) Die Klägerin können daher für den eingetragenen Warenbereich von Benutzern die Unterlassung verlangen.
Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Beklagte auf einem identischen oder ähnlichen Waren-Dienstleistungs-Bereich benutzt, ob insbesondere die in der Zeitschrift "freundin" vorhandenen Kontaktanzeigen gegenüber der Partnervermittlung der Beklagten hierzu ausreichen.
Titel bzw. Marke der Klägerinnen kommt nämlich eine erweiterter Schutzbereich gem. § 15 Abs. 3 MarkenG bzw. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG zu.
Die bekannte Marke bzw. Bezeichnung im Sinn dieser Vorschriften bedarf nicht mehr so hoher Anforderungen, wie ehemals die "berühmte Marke", um Schutz zu genießen (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdnr. 467).
Von festen Quoten kann nicht ausgegangen werden; die Umstände eines jeden Einzelfalls sind zu berücksichtigen. Vorliegend sind einige Umstände, die teilweise vom Landgericht bereits tatbestandlich festgestellt und von der Beklagten nicht weiter bestritten wurden, zugrunde zu legen. Es handelt sich um eine bundesweit vertriebene Publikumszeitschrift, vorwiegend, wenn auch nicht ausschließlich, für Frauen, also um einen von vornherein zur weitesten Verbreitung bestimmten Gegenstand. Die Zeitschrift wird seit 1948 herausgegeben und erscheint 14tägig. Sie liegt im normalen Preissegment. Sie hat jüngst eine durchschnittliche Verkaufte Auflage von 630.452 Exemplaren. Der Vertrieb geschieht auch über den allgemeinen Zeitschriftenverkauf an Zeitungskiosken. Es sind zwar Konkurrenzzeitschriften vorhanden, auch solche mit größerer Auflage. Die Zeitschrift behauptet sich jedoch seit langem am Markt. Die Benennung hat angesichts der Verhältnisse auf dem Zeitschriftenmarkt durchaus normale Kennzeichnungskraft. Dies alles erlaubt es vorliegend, von einer im Inland bekannten Marke auszugehen, ohne exakte Zahlen mittels Demoskopie ermitteln und angeben zu müssen (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rdnr. 483ff.).
2. Die Beklagte nutzt die Wertschätzung der bekannten Bezeichnung in unlauterer Weise kennzeichenmäßig aus.
Die Beklagte verwendet die gewählte Internet-Domain kennzeichenmäßig. Es handelt sich nicht allein um eine festliegende Kennung oder Adresse nach Art einer Fernsprechnummer oder geographischen Adresse. Zwar dient die gewählte Buchstabenfolge (nach Aufgabe der früheren Ziffernfolge der Internet-Regeln) datentechnisch als "Adresse" zur Herstellung der Verbindung. Wegen der (relativ) freien Wählbarkeit ist jedoch dem Benutzern die Übung bekannt, auch Geschäfts- oder Sachbezeichnungen zu wählen, und damit bereits eine Information zu verbinden. Daher wird eine solche Kennung durchaus kennzeichenmäßig verstanden.
Die Beklagte bietet unter dieser Bezeichnung eine Homepage im Internet an und leitet so Interessenten die sich an der Bezeichnung der Klägerinnen orientieren, auf ihr eigenes Produkt. Dabei ist davon auszugehen, daß Interessenten nicht nur nach Art eines Schlagworts in einem Katalog oder Lexikon im Internet suchen. Den Verkehr ist mittlerweile die Übung vieler Unternehmen bekannt, unter ihrer Geschäft- oder Produktbezeichnung Informations- oder gar Bestellmöglichkeiten zu bieten. Bei Zeitschriften kommt hinzu, daß sich diese geradezu anbieten, über den Bildschirm gelesen zu werden und dabei auch noch durch Hyperlinks ganz einfach zu weiteren Informationen gelangen zu können. So eignen sie sich gut zum Suchen nach dem Zeitschrifteninhalt und insbesondere bezüglich der Zeitschrift "freundin" nach dort enthaltenen Kontaktadressen, wofür diese Zeitschrift in ihren Printmedium den Markt neben anderen aufbereitet hat. Die Beklagte macht sich die Erwartung eines Suchenden zu nutze, er könne beim Anklicken der Homepage "freundin.de" die in der Zeitschrift "freundin" enthaltenen gewünschten Kontaktadressen auffinden. Sie nutzt dies zur Präsentation ihrer Partnervermittlung aus, um so ins Geschäft zu kommen.
3. Die Verhaltensweise der Beklagten ist unlauter. Sie kann sich insbesondere nicht auf § 23 Markengesetz stützen. Sie hängt sich gerade an die eingeführte Bezeichnung der Klägerinnen an, ohne das dafür eine Notwendigkeit bestünde. Die Beklagte ist aus sachlichen Gründen nicht genötigt, diese Internet-Adresse zu wählen. Es ist weder ihr (natürlicher) Name, noch ihre Anschrift. Soweit von einer Internet-Adresse gesprochen wird, unterscheidet sie sich von einer geographischen Adresse dadurch, daß sie frei wählbar ist. Die Beklagte selbst zeigt durch die mehreren reservierten Domains, daß sie ausweichen kann und nicht allein auf die Bezeichnung der Klägerinnen angewiesen ist, um ihre Geschäftsinteressen zu verfolgen, daß sie aber ernsthaft gar nicht ausweichen will, der Sperrwirkung wegen, weil sie bisher zwar die Homepages aktivierte, aber keine seit mittlerweile mehr als zwei Jahren mit Inhalt füllte.
Den gegenüber ist es unlauter, gerade durch die Wahl der Bezeichnung der Klägerinnen, diesen die Möglichkeit zu nehmen, in einer üblich gewordenen Form einen Internet- Anschluß mittels ihrer Bezeichnung zu erlangen und so einen beachtlichen bereits erworbenen Besitzstand zu verwirklichen. Insofern bestehen Parallelen zu den Fällen einer unlauteren Sperrung einer bevorstehenden Markeneintragung mittels einer eigenen Sperrmarke.
Die Beklagte kann sich nicht auf eine freihaltebedürftige Bezeichnung berufen. Sie benutzt diese Bezeichnung gerade selbst nicht im Rahmen des Freihaltebedürfnisses, sondern schließt durch ihre Reservierung andere von der Benutzung aus. Außerdem bedarf sie dieser Bezeichnung im Rahmen einer gängigen Bezeichnung nicht, um ihren Geschäftsbetrieb und ihre Dienstleistungen zu kennzeichnen.
4) Die Klägerin zu 2) kann von der Beklagte Unterlassung auch aufgrund ihres Markenrechts "FREUNDIN" verlangen (§14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Bei verwechselbaren Zeichen überdecken sich die Dienstleistungs-Bereiche. Die Klägerin zu 2) hat ein Recht, daß das Gebiet einer Informationsbank und der Verbreitung von Informationen über Netze, sowie Online-Dienste umfaßt. Die Beklagte ist auf dem Partnervermittlungsgebiet im Internet tätig. Gerade die Verwendung der Adresse mit der Second-Level-Domain "freundin" erzeugt eine Verwechslungsgefahr mit den Dienstleistungen der Klägerin zu 2).
Eine befugte Benutzung kann sich nicht auf eine unlautere Sperrung der Domain durch die Klägerin zu 2) berufen. Die Klägerin zu 2) hat ihre Marke bereits zu einem Zeitpunkt angemeldet, als die Beklagte weder eine Reservierung beim Internet getätigt, noch selbst irgend einen schutzwürdigen Besitzstand hatte.
5) Angesichts der vorliegenden Kennzeichenverletzung im erweiterten bzw. normalen Schutzbereich bedarf es keiner Prüfung der Frage mehr, ob die Beklagte durch die von ihr herbeigeführte und aufrecht erhaltene Sperrung der Homepage-Bezeichnung für die Klägerinnen nicht auch eine allgemeine Wettbewerbsunlauterkeit begeht (§ 1 UWG).
6)Die Klägerinnen können auch verlangen, daß die Beklagte es unterläßt, unter dem Namen "freundin" im Geschäftsverkehr Dienstleistungen der Partnerschaftsvermittlung anzubieten. Sie gehen mit diesem Antrag über die Unterlassung einer Homepage-Bezeichnung hinaus. Jedoch besteht insofern einer Erstbegehungsgefahr, weil die Beklagte sich rühmt, für eine Partnerschaftsvermittlung diese Bezeichnung benutzen zu dürfen. Der Untersagungsgrund liegt in der damit zu begehenden Kennzeichenverletzung.
7) Der Anspruch auf schriftlichen Verzicht gegenüber dem Rechenzentrum (DE-NIC) ist als Beseitigungsanspruch und unselbständiger, den Unterlassungsanspruch ergänzender Anspruch, gegeben (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O.., vor § 14 bis 19, Rdnr. 57).
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