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Tenor Tatbestand Entscheidungsgründe zurück zu den Urteilen
ufa.de
§ 12 BGB
LG Düsseldorf; Urteil vom
30. 09. 1997 - 4 O 179/97 -
(rechtskräftig)
1. Durch die Reservierung einer
Domain kann das Namensrecht eines Dritten, sowie das Recht, sich
unter diesem Namen im Internet zu präsentieren, verletzen.
2. Domain-Namen haben
Namensfunktion.
(Leitsatz
der Kanzlei Flick )
Aus dem Sachverhalt:
Die Klägerin ist im Film- und
Sportrechte-Handel tätig und zugleich Holding weiterer im
Medienbereich tätiger UFA-Gesellschaften. Die UFA-Gruppe führt
das Filmgeschäft der unter der Bezeichnung "UFA"
verkehrsbekannten Universum Film AG fort. Die Klägerin ist durch
Umwandlung am 27.3.1996 entstanden und gehört als 100 %ige
Tochter der CLT-UFA S.A., Luxemburg, zum Bertelsmann-Konzern.
Die Klägerin ist Inhaberin der
deutschen Marke 395 50 068, die am 7.12.1995 angemeldet und am
13.3.1996 eingetragen wurde und u.a. für Dienstleistungen im
Bereich der Telekommunikation, insbesondere Online-Diensten,
geschützt ist.
1996 beauftragte die Klägerin die UFA
Berlin Film- und Fernseh-Verwaltungsgesellschaft mbH & Co.
Medienservice Babelsberg KG, eine Homepage im Internet für
sämtliche zur Holding gehörenden UFA-Unternehmen zu erstellen.
Als die UFA Medienservice Babelsberg KG nach Entwicklung der
Homepage etwa ein Jahr später die Eintragung des Domain-Namens
"ufa.de" beim DE-NIC beantragte, stellte sie die
Blockierung des Domain-Namens durch die Beklagte zu 1) fest.
Die Beklagte zu 1) ist im
Dachbaustoffhandel tätig. Der Beklagte zu 2) ist ihr
geschäftsführender Alleingesellschafter. Er tritt auch unter
der Bezeichnung T GLOBAL COMMUNICATION auf und beabsichtigt, eine
"Internet Agentur" zu gründen.
Die Beklagte zu 1) hat den Domain-Namen
"ufa.de" für sich als Mailexchange reservieren lassen,
nutzt ihn aber nicht.
Die Beklagten wiesen Freigabeforderungen
der Klägerin zurück und boten der Klägerin die Freigabe nur
gegen Zahlung von 12.000,- DM an. Alternativ erstrebten die
Beklagten eine geschäftliche Zusammenarbeit, z.B. durch
Anmietung des Domain-Namens.
Die Beklagten hatten sich bis zum
2.5.1997 bereits über 500 Domain-Namen beim DE-NIC reservieren
lassen, meist allgemeine Sachbegriffe, aber auch bekannte Namen,
geschäftliche Bezeichnungen, Marken und Titel, z.B.
ibm-online.de; ottowolff.de, sat-funk.de, satfunk.de,
sesamstrasse.de, swatch-mobil.de, swatchmobil.de,
swatch-uhren.de, swatchuhren.de. Sie haben dafür Kosten von
mindestens DM 100.000,- auf sich genommen.
Die Klägerin hat sich vom DE-NIC
bestätigen lassen, daß sie nach Freigabe des Domain-Namens
"ufa.de" diesen für sich nutzen kann.
Die Klägerin behauptet, die Beklagten
wollten nur Handel mit den Domain-Namen betreiben, betrieben also
sog. "domain-grabbing" und hätten jedenfalls an dem
Domain-Namen "ufa.de" kein berechtigtes Eigeninteresse.
Ihr dagegen sei die Verwendung eines
anderen Domain-Namens nicht zuzumuten, da sie ein deutsches
Unternehmen sei, weshalb sie eine Internet-Adresse unter der
Top-Level-Domain ".de" für erforderlich halte, und
weil sie nur unter der Bezeichnung "UFA" bekannt sei,
die geradezu ein Synonym für den Deutschen Film sei.
Für das Unterlassungsbegehren bestehe
neben der Freigabeforderung ein Rechtsschutzbedürfnis, weil sie
vor der Freigabe des Domain-Namens keine Möglichkeit habe, die
Beklagten an der Benutzung des Domain-Namens zu hindern.
(..)
Der Beklagte zu 2) beabsichtige die
Herausgabe eines Internet-Führers
"Internet-Fuehrer.de" für Anfang 1998. Aus diesem
Grund habe er verschiedene Domain-Namen reservieren lassen, die
als Stichwort verwendet werden sollten.
Sofern auch Firmennamen reserviert
worden seien, sei dies nur geschehen, um sich in wirtschaftlich
interessanten Kreisen als vorausschauender und kompetenter
Ansprechpartner für Internet-Präsenz einzuführen. Die Namen
gebe er gegen reine Kostenerstattung frei, einige habe er bereits
freigegeben. Verkauft habe er erst zwei Domain-Namen,
"politik-online.de" und "kinn-online.de", und
zwar an eine andere Agentur. Sofern Domain-Namen in
gleichlautender Klangfolge mit unterschiedlicher Schreibweise
reserviert worden seien, sei dies nur deshalb geschehen, damit
sich die Domains des "Internet-Fuehrer.de" auch durch
Mund-zu-Mund- sowie Radio-Werbung verbreiteten. Es solle in
diesen Fällen eine Hauptdomain geben, auf die die Co-Domains
(anderer Schreibweise) verwiesen.
Der Domain-Name "ufa.de" werde
z.Zt. nur deshalb nicht genutzt, weil man noch in der Entwicklung
des kapital- und arbeitsintensiven Internet-Führers sei und weil
man der Klägerin angeboten habe, ihn bis zur erstinstanzlichen
Entscheidung nicht zu verwenden. Zum Verkauf sei der Domain-Name
nur angeboten worden, um die rechtliche Auseinandersetzung zu
vermeiden.
Ein Grund für den Beklagten zu 2), den
Domain-Namen "ufa.de" zu reservieren, sei auch, daß
der Beklagte zu 2) als leidenschaftlicher Cineast, der auch viele
Jahre im Bereich Programmkino tätig gewesen sei, größten Wert
auf die Verbreitung und Erhaltung dieses deutschen Film- und
Kulturgutes lege. Es sei vorgesehen, im Rahmen des
"Internet-Fuehrers.de" unter dem Domain-Namen
"ufa.de" auch Informationen über die alte Universum
Film AG anzubieten.
Die Bezeichnung "UFA" habe
für die alte Universum Film AG Verkehrsgeltung gehabt, werde
aber der heutigen UFA-Gruppe nicht mehr zugeordnet, so daß
insoweit nicht von einer allgemeinen Verkehrsbekanntheit
ausgegangen werden könne. Heute sei "UFA" vielmehr der
generische Oberbegriff für
- Ufa, die Hauptstadt der Baschkirischen
Republik (unter "ufa.ru" im Internet),
- den Fluß Ufa in Rußland,
- die UFA Universum Film AG,
- alte UFA Filme,
- die Ufa-Fabrik in Berlin (privat
organisiertes Kulturzentrum im ehemaligen Kopierwerk der
Universum-Film AG, 1979 besetzt, inzwischen mit 1,5 Mio DM
jährlich vom Berliner Senat gefördert) und
- die UFA-Theater AG (unter
"ufakino.de" im Internet),
aber auch für Gesellschaften,
Organisationen und Produkte wie
- UFA-United Fathers of America (unter
"ufa.org" im Internet),
- UFA-United Freight Agency (unter
"wafi.com/ufa" im Internet),
- UFA-United Federation of Allgäu
(unter
"ourworld.compuserve.com/homepage/trekkie/ufahome.htm"
im Internet),
- BioLet Under the Floor Automatic (UFA)
(unter "web.tusco.net.soiltech/ufa.htm" im Internet),
- Institute of Atmospheric Physics ASCR
(UFA) (unter "ufa.cas.cz." im Internet),
- United Farmers of Alberta (unter
"ufa.com" im Internet)
und viele Unternehmen.
Unter dem Stichwort "ufa.de"
sollten im Internet-Führer des Beklagten zu 2) künftig
sämtliche Information zu diesem Begriff abgerufen bzw.
weitergehende Verweise (Links) angeboten werden. Die Adresse
"ufa.de" solle wie bei einer Stichwortsuche auf einer
CD-Rom oder in einem Buchlexikon verwendet werden können, wobei
im Internet weitaus vielfältigere Angebote und zusätzliche
Verweise möglich seien. Den Entwurf einer solchen Homepage haben
die Beklagten als Anlage B 15 zur Akte gereicht. Einige
Unternehmen hätten auch bereits jetzt Interesse bekundet, auf
der Internet-Seite "ufa.de" des Beklagten zu 2) zu
erscheinen. Es sei also nicht beabsichtigt, Waren- und
Dienstleistungen entsprechend dem Verzeichnis der Klagemarke
anzubieten.
(...)
Aus den
Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist begründet,
weil die Beklagten die Namensrechte der Klägerin verletzen.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf
Freigabe des Domain-Namens "ufa.de" aus § 12 Satz 1
BGB und auf Unterlassung der Benutzung aus § 12 Satz 2 BGB.
l. Der Klägerin steht ein Namensrecht
an der Bezeichnung "UFA" zu. "UFA" ist der
einzige unterscheidungskräftige Bestandteil der Firma der
Klägerin, die UFA Film- und Fernseh-GmbH & Co. KG lautet.
Für einen Teil einer Firmenbezeichnung kann der Schutz als
Unternehmenskennzeichen i.S.d. § 5 Abs. 2 MarkenG beansprucht
werden, sofern es sich hierbei um einen unterscheidungskräftigen
Firmenbestandteil handelt, der seiner Art nach im Vergleich zu
den übrigen Firmenbestandteilen geeignet erscheint, sich im
Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen
durchzusetzen. Ist dies zu bejahen, kommt es nicht mehr darauf
an, ob die fragliche Kurzbezeichnung tatsächlich als
Firmenschlagwort in Alleinstellung verwendet worden ist oder ob
sie sich im Verkehr durchgesetzt hat (st. Rspr., s. nur BGH, GRUR
1997, 468 - Net-Com). Eine solche Unternehmensbezeichnung
genießt neben dem kennzeichenrechtlichen Schutz auch
Namensschutz nach § 12 BGB. Er ist daher dem als Wort
aussprechbaren und prägnanten Firmenbestandteil UFA der
Klägerin ohne weiteres zuzubilligen.
Ein Namensrecht ist der Klägerin auch
nicht deshalb abzusprechen, weil die Bezeichnung UFA auch von
anderen Unternehmen und Vereinigungen benutzt wird und auch
geographische Bezeichnung ist. Die Bezeichnung ist dennoch
unterscheidungskräftig. Die Existenz gleichnamiger Personen oder
Unternehmen ist - insbesondere bei weltweiter Betrachtung über
alle Branchen - fast immer festzustellen, steht aber der Eignung
des Namens, gleichwohl individualisierend zu wirken, nicht
entgegen; von einem "Allerweltsnamen" kann bei UFA
jedenfalls keine Rede sein. Erst recht vermag das Vorhandensein
gleichnamiger verbundener Unternehmen die Unterscheidungskraft
des Namens nicht zu schwächen, weil der Verkehr diese
Unternehmen (wie die Gesellschaften der UFA-Gruppe) aufgrund der
namensmäßigen Übereinstimmung - zutreffend - als Einheit oder
jedenfalls als miteinander organisatorisch oder wirtschaftliche
verbundene Rechtspersönlichkeiten auffaßt. Die Existenz einer
gleichnamigen Stadt und eines Flusses in Rußland sowie
ausländischer Organisationen und Produkte, wie der United
Fathers of America oder der United Farmers of Alberta, sind
ebenfalls nicht geeignet, die Unterscheidungskraft zu mindern, da
sie im Inland weitgehend unbekannt sind.
Auf die Frage der Verkehrsgeltung kommt
es mithin für den Namensschutz der Klägerin nicht an.
2. Die Beklagten bestreiten durch die
Reservierung der Domain mit dem Namen "ufa.de" das
schutzwürdige Namensrecht der Klägerin. Zugleich droht der
Klägerin eine Namensanmaßung durch die Benutzung des
Domain-Namens, die der Beklagte zu 2) ausdrücklich angekündigt
hat.
Indem die Beklagten, die Beklagte zu 1)
durch den Beklagten zu 2) handelnd, den Domain-Namen
"ufa.de" für die Beklagte zu 1) reserviert und intern
die Rechte auf den Beklagten zu 2) übertragen haben, nehmen sie
der Klägerin das Recht, sich unter diesem Namen und damit unter
ihrem eigenen Firmenschlagwort im Internet zu präsentieren.
Die Domain-Namen haben Namensfunktion
(so auch: LG Mannheim, CR 1996, 353; LG Frankfurt/M., CR 1997, 287; LG Lüneburg, CR
1997, 288; LG Braunschweig, NJW-CoR 1997, 303; LG München I, NJW
CoR 1997, 231, LG Hamburg CR 1997, 157; LG Düsseldorf, Mitt.
1997, 225; Ubber, Rechtsschutz bei Mißbrauch von
Internet-Domains, WRP 1997, 497, 507; Völker/Weidert,
Domain-Namen im Internet, WRP 1997, 652, 656; anderer Ansicht: LG
Köln, GRUR 1997, 377). Der Domain-Name weist auf die natürliche
oder juristische Person hin, die unter dieser Adresse
Informationen anbietet. Gerade aus Gründen der
Anwenderfreundlichkeit werden die eigentlich aus längeren
Zahlenfolgen bestehenden Zuordnungen der Homepages des Internets
durch symbolische Anschriften, die Domain-Namen, ersetzt, die
üblicherweise aus einer aus sich heraus verständlichen und
damit einprägsamen Buchstabenfolge bestehen. Der Domain-Name
wird im Normalfall gerade so gewählt, daß er die Zuordnung zu
der Person, die die Homepage unterhält, ermöglicht. Hersteller
und Produkte, die im Internet vertreten sind, führen dort ihren
Namen. Das DE-NIC verlangt auch die Versicherung, daß durch den
Antrag auf Eintragung eines Domain-Namens keine Rechte Dritter
wissentlich verletzt werden (Bettinger, Kennzeichenrecht im
Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen, GRUR 1997, 402, 407).
Der Internet-Benutzer geht daher davon aus, daß er ein
Unternehmen, sofern es überhaupt im Internet vertreten ist, dort
auch unter seinem Namen findet. So wird der Benutzer die
Klägerin zunächst unter "ufa.de", dann vielleicht
noch unter "ufa.com" suchen. Wenn er unter dem
Domain-Namen eine Homepage findet, wird er davon ausgehen, daß
sie vom Namensinhaber stammt oder daß dieser zumindest seine
Zustimmung zu der Verwendung des Domain-Namens erteilt hat.
Der Umstand, daß der Domain-Name frei
wählbar ist, wie sich schon daran zeigt, daß die Beklagte zu 1)
den Domain-Namen "ufa.de" reservieren konnte,
rechtfertigt unter Berücksichtigung dieser Praxis entgegen der
vom Landgericht Köln vertreten Auffassung (NJW-CoR 1997, 304,
Urteile vom 17.12.1996 - "hürth.de" und
"kerpen.de" - sowie Beschluß vom 17.12.1996 -
"pulheim.de") nicht den Schluß, daß diejenigen
Adressen, die einen Namen enthalten, keine Namensfunktion
besitzen (vgl. auch LG Frankfurt, a.a.O.).
3. Die Beklagten können sich nicht auf
vorrangige eigene schutzwürdige Interessen berufen, die sie zur
Benutzung des Domain-Namens "ufa.de" berechtigen
würden. Ein eigenes Namensrecht haben die Beklagten im Hinblick
auf den Namen "ufa" nicht. Soweit der Beklagte zu 2)
die Absicht hegt, die Bezeichnung als Stichwort im Rahmen eines
Lexikons zu benutzen, bestehen bereits erhebliche Zweifel an der
praktischen Umsetzbarkeit eines solchen Konzepts. Jedenfalls darf
der Name der Klägerin nicht in einer Weise benutzt werden, die
sie, die Namensinhaberin, von der Benutzung ihres Namens im
Internet ausschließt. Vielmehr muß sich der Beklagte zu 2)
darauf verweisen lassen, sein Lexikon unter einer dafür
reservierten Domain anzulegen.
(...)
Der Streitwert beträgt 200.000,- DM.
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