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Tenor Tatbestand Entscheidungsgründe zurück zu den Urteilen
§ 12 BGB
OLG Karlsruhe Urteil vom 9. 06. 1999 - 6 U 62/99 - "bad-wildbad.com"
Vorinstanz: LG Karlsruhe, Urteil vom 23. November 1998 - 10 O 286/98
1. Auch die Verwendung eines Städtenamens unter der second-level-domain ".com" kann die Namensrechte der Stadt nach § 12 BGB verletzen.
2. Soweit nach den Bestimmungen über den Gerichtsstand ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist(hier: Wohnsitz des Beklagten), ist auch die internationale Zuständigkeit begründet.
(Leitsatz der Kanzlei Flick)
Aus dem Tatbestand:
(abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO)
Die klagende Gemeinde führt den Namen "Bad Wildbad".
Der Beklagte, der in der Computer-Branche tätig ist, ließ für sich im Jahre 1996 die Internet-Domain-Bezeichnung "badwildbad.com" reservieren und nutzt diese Adresse als Internetzugang. Die unter der Bezeichnung "badwildbad.com" eingerichtete Homepage enthält Informationen über die Klägerin. (..) Auf einer dieser Seiten ist ein Wappen abgebildet.
Die Klägerin sieht in dem Verhalten des Beklagten eine Verletzung ihres Namensrechts und nimmt ihn auf Unterlassung in Anspruch.
(Der Beklagte) hat u.a. die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte und die Anwendbarkeit deutschen Rechts in Abrede gestellt.
(..)
Das Landgericht hat dem Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung "badwildbad.com" zu verwenden. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
(...)
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, hat aber nur in geringem Umfang (hinsichtlich des Umfangs des auszusprechenden Verbots) Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht in der Verwendung der Domain-Bezeichnung "badwildbad.com" durch den Beklagten eine Verletzung des Namensrechts der Klägerin gesehen.
Die Klage ist zulässig.
1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die auch in der Berufungsinstanz zu prüfen ist, ist gegeben. Sie folgt aus dem inländischen, durch seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland bestimmten Gerichtsstand des Beklagten (§§ 12, 13 ZPO). Soweit nach den Bestimmungen über den Gerichtsstand ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist, ist auch die internationale Zuständigkeit begründet. Aus zwischenstaatlichen Regelungen ergibt sich für den Streitfall nichts anderes.
2. Bedenken gegen die Wirksamkeit der Klageerhebung bestehen nicht. Die Klägerin war (und ist) ordnungsgemäß durch einen postulationsfähigen Rechtsanwalt vertreten. Die Vollmacht, die dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin von deren Bürgermeister erteilt wurde, ist wirksam. Gemäß § 53 Abs. 2 GO kann der Bürgermeister rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilen. Eine vom Bürgermeister erteilte Vollmacht ist nach außen wirksam, auch wenn der Bürgermeister nach innen für das betreffende Rechtsgeschäft der Mitwirkung eines anderen Organs der Gemeinde bedarf. Aufgrund der vom Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vorgelegten Prozeßvollmacht steht zudem fest, daß die Bevollmächtigung schriftlich erfolgt ist. Deshalb kann offenbleiben, ob die Bevollmächtigung hier (ausnahmsweise) der Schriftform bedurfte.
3. Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt nicht deshalb, weil die Klägerin nach der Darstellung des Beklagten auch nach Aufgabe der beanstandeten Domain-Bezeichnung durch den Beklagten keine Bemühungen unternommen hat, die Domain "Bad Wildbad" für sich registrieren zu lassen. Ein rechtliches Interesse an der mit der Klage beanstandeten Verletzung ihres Namensrechts wäre der Klägerin auch dann nicht abzusprechen, wenn sie nicht die Absicht haben sollte, Informationen über das Internet zu verbreiten. Das Rechtsschutzinteresse wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß die Klägerin - so die Behauptung des Beklagten - gegen die Verwendung ihres Namens im Internet durch Dritte bislang nicht vorgegangen ist.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht der Klägerin gemäß §§ 12, 1004 BGB zu.
1. Auf den Streitfall ist deutsches Recht anzuwenden, auch wenn die in Rede stehende Domain von einem Server mit Sitz in den USA in das Internet eingespeist wird. Der Schutz gegen Verletzungen des Namens richtet sich nach dem Tatort. Dabei reicht es aus, daß die Verletzung im Inland eintritt. Im Streitfall liegt der Verletzungsort (auch) im Inland, weil der Domain-Name hier bestimmungsgemäß abrufbar ist.
2. Die Klägerin genießt Namensschutz für die Bezeichnung "Bad Wildbad". Sie ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die gemäß § 5 Abs. 1 GO zur Führung eines eigenen Namens berechtigt ist. § 12 BGB gewährleistet auch für juristische Personen des öffentlichen Rechts den Schutz ihres Namens (BGHZ 124, 173, 178). Im Hinblick auf die abweichende Auffassung des Beklagten weist der Senat darauf hin, daß dieser Schutz nicht von der Beantwortung der Frage abhängt, ob für die Internet-Domain "badwildbad.com" (oder "badwildbad.de") namensrechtlicher Schutz beansprucht werden könnte. Um einen derartigen Schutz geht es im Streitfall nicht. Der Beklagte weist selbst darauf hin, daß die Klägerin eine eigene Domain nicht angemeldet hat.
Entscheidend ist mithin allein, ob in der Verwendung der beanstandeten Domain durch den Beklagten ein Eingriff in das Namensrecht der Klägerin liegt. Das ist zu bejahen.
Ein Anspruch wegen Verletzung des Namensrechts setzt voraus, daß entweder das Namensführungsrecht des Trägers bestritten oder ein schutzwürdiges Interesse des Berechtigten durch unbefugten Gebrauch des Namens seitens eines Dritten verletzt wird. Als unbefugter Gebrauch eines fremden Namens kommt jede Namensanmaßung in Betracht, die dazu führen kann, daß eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung entsteht. Es genügt die Gefahr, daß der Namensträger aufgrund der Art der beanstandeten Verwendung seines Namens mit bestimmten Einrichtungen, Gütern oder Erzeugnissen in Beziehung gesetzt werden könnte, mit denen er nichts zu tun hat. Das ist etwa der Fall, wenn im Verkehr der Eindruck entsteht, der Berechtigte habe dem Benutzer ein Recht zu entsprechender Benutzung des Namens erteilt (BGH GRUR 1993, 151, 153 - Universitätsemblem).
Die Verwendung eines fremden Namens als "Second-Level-Domain" ist als eine namens- bzw. kennzeichenmäßige Benutzung anzusehen. Der Verkehr ist nämlich gewohnt, in der Domain-Bezeichnung, wenn sie aus einem Namen besteht, einen Hinweis auf den Inhaber der Hompage zu sehen. Denn der Inhaber der Internet Adresse bringt mit der ihm freigestellten Wahl eines Namens zur Kennzeichnung einer Datei zum Ausdruck, daß der Namensinhaber zugleich Inhaber der Internet-Adresse und der damit verbundenen Hompage ist, oder daß er dem Gebrauch des Namens als wesentlichem und prägendem Bestandteil der InternetAdresse zumindest zugestimmt hat. Insoweit ist eine Domain-Bezeichnung nicht anders zu beurteilen als die Fernschreibkennung eines Unternehmens, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kennzeichenmäßig benutzt wird und deren Verwendung eine Verletzung eines prioritätsälteren Kennzeichnungsrechts darstellen kann (BGH WRP 1986, 267, 268 -Fernschreibkennung). Die Auffassung, daß die Verwendung einer Domain-Kennzeichnung, die einen Namen enthält oder namensartig anmutet, eine namens-bzw. kennzeichenmäßige Benutzung darstellt, entspricht im übrigen der Rechtsprechung des Senats (WRP 1998, 900) und wird auch sonst von den Obergerichten allgemein vertreten (vgl. OLG Düsseldorf WRP 1999, 343, 346; OLG Hamm CR 1998, 241, 242; KG NJW 1997, 3321, 3322; OLG Köln NJW-CoR 1999, 171; OLG Stuttgart CR 1998, 621).
Die erforderliche Identitäts- oder Zuordnungsverwirrung ergibt sich daraus, daß ein erheblicher Teil der Internet-Benutzer den Domain-Namen "badwildbad.com" mit der Klägerin in Verbindung bringen wird. Zahlreiche Benutzer werden nämlich annehmen, daß es die Klägerin selbst ist, die unter dieser Adresse im Internet Informationen verbreitet. Vielen Benutzern ist bekannt, daß auch juristische Personen des öffentlichen Rechts und insbesondere Gemeinden, die beispielsweise an einer Steigerung des Fremdenverkehrs interessiert sind, im Internet Werbung betreiben. Jedenfalls nimmt das angesprochene Publikum aber an, der Name der Klägerin werde mit deren Zustimmung benutzt. In dieser Vorstellung wird das Publikum noch durch den Umstand bestärkt, daß man unter der in Rede stehenden Domain tatsächlich Informationen über die Klägerin abrufen kann. Die durch die Benutzung des Namens der Klägerin geweckt Erwartung trifft in Wirklichkeit nicht zu, denn es ist unstreitig nicht die Klägerin, die sich unter der angegriffenen Domain an die Öffentlichkeit wendet. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß ein Teil der vom Beklagten in das Internet eingespeisten Informationen nach seiner Darstellung von der Klägerin selbst stammt. Daraus ergibt sich nicht, daß die Klägerin sich damit einverstanden erklärt hat, daß der Beklagte diese Informationen unter ihrem Namen über das Internet verbreitet.
Eine Zuordnungsverwirrung in dem dargestellten Sinn scheidet nicht deshalb aus, weil die beanstandete Kennzeichnung neben dem Namen der Klägerin die Top-Level-Domain "com" enthält. Dieser Bestandteil verfügt nicht über namensmäßige Kennzeichnungskraft und tritt gegenüber dem Bestandteil "badwildbad" in seiner Bedeutung für den Gesamteindruck völlig zurück. Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Silbe "com" deute auf einen kommerziellen Anbieter hin. Weder ist nämlich jedem Nutzer des Internet - also auch den zahlreichen "Anfängern" - bekannt, daß unter dem Kürzel "com" überwiegend kommerziell handelnde Unternehmen auftreten noch sind nicht kommerziell handelnde juristische Personen wie die Klägerin gehindert, Informationen unter der Top-Level-Domain "com" über das Internet anzubieten. Rechtlich unerheblich ist schließlich der Hinweis des Beklagten, die Klägerin sei nicht gehindert, sich unter einer anderen Top-Level-Domain im Internet zu präsentieren oder aber eine andere Schreibweise ihres Namens zu wählen als der Beklagte. Einen Eingriff in das Namensrecht der Klägerin stellt das Verhalten des Beklagten nicht deshalb dar, weil er der Klägerin den Zugang zum Internet versperrt. Entscheidend ist vielmehr, daß er den Namen der Klägerin namens- bzw. kennzeichenmäßig benutzt und dadurch die Gefahr einer Identitäts- oder Zuordnungsverwirrung in dem dargestellten Sinn begründet.
3. Die Wiederholungsgefahr ergibt sich aus dem vom Beklagten in der Vergangenheit begangenen Verstoß. Sie ist nicht dadurch entfallen, daß er die angegriffene Domain mittlerweile aufgegeben hat. Zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr hätte es einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bedurft, die der Beklagte nicht abgeben hat. Vielmehr nimmt er weiterhin für sich das Recht in Anspruch, den Namen der Klägerin im Internet zu benutzen.
4. Nach allem erweist sich das Unterlassungsbegehren der Klägerin als begründet. Allerdings geht das vom Landgericht ausgesprochene Verbot inhaltlich zu weit. Es beschränkt sich nämlich nicht auf die Benutzung der Kennzeichnung "badwildbad.com" im Internet, sondern erfaßt jede Verwendung dieser Kennzeichnung im geschäftlichen Verkehr. Insoweit fehlt es an einer Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr. Es ist nichts dafür vorgetragen, daß der Beklagte dazu übergehen könnte, die angegriffene Kennzeichnung auch außerhalb des Internet zu gebrauchen. Mithin ist das Verbot auf die Berufung des Beklagten auf die konkrete Verletzungsform zu beschränken.
Die Entscheidung über die Kosten der Berufung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO. Die Anwendung von § 92 Abs. 2 ZPO ist deshalb gerechtfertigt, weil es der Klägerin ausweislich ihres Vorbringens ausschließlich um das Verbot der Benutzung der Domain-Bezeichnung "badwildbad.com" im Internet geht. Die Kostenentscheidung des Landgerichts in nicht zu beanstanden. Das Interesse der Klägerin an der Untersagung des Gebrauchs ihres Namens im Internet ist weit höher zu bewerten als ihr Interesse an der Verwendung ihres Wappens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Der Wert der Beschwer des Beklagten ist gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzen. Der Anregung des Beklagten, die Revision zuzulassen, ist nicht zu folgen. Die Voraussetzungen des § 546 Abs. 1 ZPO sind nicht erfüllt.
B e s c h l u ß
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 18.000 DM festgesetzt.
(...)
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