|
Tenor Tatbestand Entscheidungsgründe zurück zu den Urteilen
Fundstelle:
MMR 1999, 171
zwilling.de
§ 14, II Nr. 3 MarkG
OLG Karlsruhe: Urteil
vom 24. 06. 1998 -150; 6 U 247/97- (LG Mannheim);
(rechtskräftig)
Die Verwendung einer Domain, die aus
einer im Inland bekannten Marke abgeleitet ist, und so die mit
der Marke verbundenen Gütevorstellungen ausnutzt, um die
Aufmerksamkeit der Internet-Nutzer auf sich zu lenken, stellt
eine unlautere Verletzung der Marke dar. Es beeinträchtigt zudem
die Wertschätzung der Marke.
(Leitsatz
der Kanzlei Flick )
Aus dem Sachverhalt:
Die Verfügungsklägerin (nachfolgend:
Kl.) befaßt sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von
Stahlwaren, insbesondere Schneidwaren aller Art. Sie ist
Inhaberin u.a der eingetragenen und in Kraft befindlichen Marken
"Zwilling" und "Die Schneidigen von Zwilling"
die sie in erheblichem Umfang benutzt. Die erste Eintragung der
Wortmarke "Zwilling" für die Kl. erfolgte im Jahre
1731 in die Solinger Messermacherrolle. Entsprechende Marken
besitzt die Kl. in zahlreichen Ländern. Nach Meinungsumfragen im
Jahre 1992 erreichte der Name "Zwilling" einen
Bekanntheitsgrad von 92% und die Firma "Zwilling" einen
solchen von 82%.
Die Verfügungsbeklagte (nachfolgend:
Bekl.) ist als Inhaberin der Internet-Adresse
"zwilling.de" registriert. Neben dieser Adresse hat sie
sich ca. 1.500 weitere Domain-Namen reserviert, die u.a die
Markennamen sämtlicher namhafter Automobilhersteller der Welt
enthalten. Die Kl. erblickt in der Verwendung der
Internet-Adresse "zwilling.de" durch die Bekl. eine
Verletzung ihrer Marken- und Firmenrechte und einen Verstoß
gegen §§ 1, 3 UWG. Auf ihren Antrag hat das LG mit
einstweiliger Verfügung vom 03.06.1997 der Bekl. unter Androhung
der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, die Bezeichnung
"zwilling.de" als Adresse im Internet-Verkehr zu
benutzen. Auf den Widerspruch der Bekl. hat das LG die
einstweilige Verfügung bestätigt.
Mit ihrer Berufung begehrt die Bekl. die
Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 03.06.1997 und die
Zurückweisung des auf ihren Erlaß gerichteten Antrags. Zur
Begründung trägt sie insbesondere vor, sie beabsichtige nicht,
der Kl. den Begriff "Zwilling" als Namensbestandteil
oder Marke streitig zu machen. Als Domain-Name könne die Kl.
diesen Begriff "Zwilling" jedoch nicht ausschließlich
für sich beanspruchen. Die Unterscheidungskraft und die
Verwendung des beanstandeten Domain Namens weder ausgenutzt noch
beeinträchtigt.
Die Kl. tritt der Berufung unter
Wiederholung und Vertiefung ihres erstinztanzlichen Vorbringens
entgegen. Ergänzend führt sie aus, die angesprochenen
Verkehrskreise erwarten, daß unter der Domain
""zwilling.de" die Kl. auftrete. Die Bekl. benutze
diese Domain markenmäßig für Waren und Dienstleistungen
(Schaltung von Werbung, kostenpflichtige Links etc.). Dieses
Verhalten sei unlauter, da ausschließliches Interesse der Bekl.
die Hoffnung sei, die auf die Kl. bezogene Bekanntheit der
Bezeichnung "Zwilling" kommerziell ausnutzen zu
können. Außerdem werde die Wertschätzung der Klagezeichen
dadurch beeinträchtigt, daß der Internet-Nutzer bei Auswahl der
Domain "zwilling.de" gerade keine Information über die
Kl. oder deren Waren und Dienstleistungen vorfinde.
Aus den
Entscheidungsgründen:
Die zulässige Berufung hat in der Sache
keinen Erfolg. Mit eingehenden und sorgfältigen Ausführungen,
denen der Senat folgt und auf die Bezug genommen wird, hat das LG
festgestellt und im einzelnen begründet, daß der Kl. der
geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. § 14 Abs. 2 Nr. 3
MarkenG zusteht,da die Bekl. durch die Benutzung der
Internet-Adresse "zwilling.de" das der Kl. an der
Bezeichnung Zwilling zustehende Markenrecht verletzt. Die
Ausführungen der Bekl. im Berufungsrechtszug veranlassen keine
hiervon abweichende Beurteilung.
Gem. § 14 Abs. 1 MarkenG gewährt der
Erwerb des Markenschutzes nach § 4 dem Inhaber der Marke ein
ausschließliches Recht. Nach Abs. 2 Nr. 3 der genannten
Bestimmung ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers
der Marke im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke
identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder
Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für
die die Marke Schutz genießt, wenn es sich bei der Marke um eine
im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens
die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten
Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt
oder beeinträchtigt. Zu Recht ist das LG davon ausgegangen, daß
die Voraussetzungen dieser Verbotsnorm im Streitfall erfüllt
sind. Die von dem Bekl. als Internet-Adresse benutzte Bezeichnung
"zwilling.de" ist mit der für die Kl. geschützten
Marke "Zwilling" nahezu identisch. Die an das Stammwort
angefügte Kennung ".de" ändert an dem
übereinstimmenden Gesamteindruck beider Bezeichnungen nichts.
Dieser wird allein geprägt durch den mit einem konkreten
Sinngehalt verbunden Begriff "Zwilling". Die Bekl.
benutzt den von ihr gewählten Domain-Namen
"zwilling.de" im geschäftlichen Verkehr für
Dienstleistungen. Er bietet unter diesem Namen die entgeltliche
Schaltung von Werbebalken und Links an. Daß es sich hierbei um
Dienstleistungen handelt, bedarf keiner näheren Erörterung.
Diese Dienstleistungen sind zwar denjenigen, für die die
Klagemarke Schutz genieße, nicht vergleichbar. Das Verbot des§
14 Abs. 2 Nr.3 MarkenG erstreckt sich jedoch nach dem
Gesetzeswortlaut auf die Verwendung eines mit der geschützten
Marke identischen Zeichens für Dienstleistungen, die nicht denen
ähnlich sind, für die die Marke Schutz genießt. Die Regelung
stellt sich als gesetzliche Ausgestaltung des im früheren
Warenzeichenrecht von der "berühmten Marke" dar. Auch
die weitere Voraussetzung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG, daß es
sich nämlich bei der geschützten Marke um eine im Inland
bekannte Marke handelt, ist im Streitfall gegeben. Die Kl. hat
durch Vorlage der Ergebnisse einer demoskopischen Umfrage, deren
Richtigkeit die Bekl. im einzelnen nicht in Frage gestellt hat,
zur Überzeugung des Senats belegt, daß der Name
"Zwilling" einen solchen Bekanntheitsgrad von 92% und
die Firma "Zwilling" einen solchen von 82% aufweist.
Die Klagemarke verfügt mithin über eine überragende
Verkehrsgeltung.
Durch die Benutzung der Kennzeichnung
"zwilling.de" als Domain-Namen durch die Beklagte wird
die Wertschätzung der Klagemarke ohne rechtfertigenden Grund in
unlauterer Weise ausgenutzt und beeinträchtigt. Die Bezeichnung
"Zwilling" wird von einem weit überwiegenden Teil der
angesprochenen Verkehrskreise als Hinweis auf die Kl. und auf die
von dieser hergestellten und vertriebenen Waren und
Dienstleistungen verstanden. Dies gilt auch für diejenigen
Verkehrskreise, an die sich die Bekl. mit ihrem
Dienstleistungsangebot wendet (Internet-User). Der Klagemarke
kommt somit Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft zu, sie
entfaltet in bezug auf die Kl. und ihre Produkte
Herkunftsfunktion. Durch die Verwendung des mit der Klagemarke
nahezu identischen Domain.-Namens nutzt die Bekl. die mit der
Klägerin und ihren Produkten verbundenen Gütevorstellungen aus,
um Kunden anzulocken und zu veranlassen, sich näher mit ihrem
Angebot zu befassen. Der Internet-Benutzer , der den Domain-Namen
"zwilling.de" anwählt, um über die ihm bekannte Kl.
und deren Waren- und Dienstleistungsangebot Informationen zu
erhalten, trifft statt dessen auf das Internet-Angebot der Bekl..
Wie der Prozessbevollmächtigte der Bekl. ... ausgeführt hat ,
bezwecke diese mit der Reservierung zahlreicher Domains, u. a
auch des Namens der Kl., daß möglichst viele Internet-Benutzer
auf diese Weise mit ihr und dem von ihr geplanten
"internet-führer.de" in Verbindung gelangen und über
das dort wiedergegebene Dienstleistungsangebot Informationen
erhalten. Damit macht sich die Bekl. die auf Qualitäts- und
Gütevorstellungen beruhende Bekanntheit der Kl. im Verkehr
zunutze, um die Aufmerksamkeit der Internet-Benutzer auf sich zu
lenken. Die damit verbundene Ausnutzung der Wertschätzung, die
die Kl. beim Publikum in breitem Umfang genießt, ist unlauter,
da der Bekl. kein sachlich gerechtfertigter Grund zur Seite
steht, an dem guten Ruf der Kl. zu partizipieren. (...)
Wie das LG zutreffend ausgeführt hat,
wird die Wertschätzung der Klagemarke i. ü. auch dadurch
beeinträchtigt, daß die Internet-Nutzer bei der Anwahl der
Domain "zwilling.de" gerade keine Information über die
Klägerin oder deren Waren- und Dienstleistungen vorfinden. Der
Kl. ist die Möglichkeit genommen, sich unter ihrer bekannten und
bei den angesprochenen Verkehrskreisen geschätzten Marke und
Firmenbezeichnung im Internet selbst zu präsentieren.
Nach alledem steht der Kl. der
geltendgemachte Unterlassungsanspruch gem. § 14 Abs. 2
Nr. 3 MarkenG zu. Durch das Verhalten der Bekl. wird die Kl.
ferner in wettbewerbswidriger Weise an der uneingeschränkten
Nutzungsmöglichkeit ihrer Marken- und Kennzeichnungsrechte
gehindert (§ 1 UWG)
(...)
drucken www.kanzlei-flick.de
Seitenanfang zurück zu den Urteilen zurück zur Startseite
© 1998-2003 für die Datenbank "Urteile" : Kanzlei Flick , Rechtsanwälte, Hamburg, Germany
|
|